Sonntag, 17. Juli 2011

Wo liegt nun dieses „Messitinien“?

Neulich im Mai, machte ein brillantes Barca das Champions League-Finale gegen Manchester United zu seiner eigenen furiosen Fiesta. Da verneigte sich gar der knorrige Sir Alex Ferguson. Er könne sich nicht daran erinnern, jemals derart verprügelt worden zu sein. Hervorragende Galionsfigur dieses perfekten Barcas an diesem denkwürdigen Abend in Wembley war der grandiose Lionel Messi mit  seiner funkelnden goldenen Zehn auf seinem blau-roten Dress.

Ob Barcas epochalen Triumphes sackte gar die spanische Gazette Marca, ansonsten eher Erzrivale Real Madrid zugetan, vor diesem Messi auf die Knie und verortete mit ehrfurchtsvollen Blick nach oben: Gott sei aus dem Himmel herabgestiegen und auf dem Rasen von Wembley erschienen. Kurz nach diesen durchaus euphorisierenden  Ereignissen, erfuhr ich, dass Messi in diesem Sommer in seiner argentinischen Heimat zudem die Copa America, die Südamerikameisterschaft, spielen wird.

Kühn vermutete ich, dass sich die stolzen „Gauchos“ mit diesem Ballkünstler und ihrem frenetischen Anhang im Rücken in ein magisches „Messitinien“ verwandeln werden. Das heißt, dass ich erwartete, nach dem Abpfiff des Copa-Finales den dank Messi leichtfüßigen argentinischen Stier mit sämtlichen Trikots seiner Kontrahenten auf den Hörnern zu sehen.Vor allem erwartete ich dort den gelben Dress der brasilianischen Seleção zu sehen, der im Wind der Final-Arena El Monumental in Buenos Aires baumelt.

Doch, schon während der Vorrunde nach zum Teil peinlichen Darbietungen gegen Bolivien, Kolumbien und ein besseres Juniorenteam aus Costa Rica, schien für die Kicker der Albiceleste die Last des weiß-blauen Trikos zu groß. Diese Last hemmte offenbar die Beine von Mascherano, Tevez oder jenem Messi gleich mit. Movete Argentina, movete!“, hallte es daraufhin aus zornigen argentinischen Kehlen, die Bewegung und Esprit von ihren Helden einforderten.

Nach dem gestrigen Viertelfinale der Copa, in dem die „Gauchos“ nach einer herben Niederlage im Elfmeterschießen gegen Uruguay überraschend ausschieden, bin ich wie wohl Millionen Argentinier ernüchtert. Denn neben diesem Aus war zudem dieser Messi ein Schatten seiner selbst. Daher bleibt nur die eine Frage: wo liegt nun dieses „Messitinien“? Doch, anscheinend gibt es dieses gar nicht.

Meine vielleicht etwas hanebüchene Annahme gründet sich übrigens darauf, in den achtziger und neunziger Jahren mit Diego Maradona groß geworden zu sein. Ich sah, wie Diego eine raubeinige und allenfalls durchschnittliche argentinische Elf etwa zum WM-Titel anno 1986 führte. Ich sah einen durchtriebenen Alleinunterhalter, der mit fast allen seinen Gegnern Tango tanzte. Außer mit einem gewissen Guido Buchwald im WM-Finale anno 1990...

„Messitinien“. Die Feststellung ist wohl nicht neu, dass Lionel Messi bei Barca das besondere Rädchen in einem eingespielten Räderwerk ist, in dem ihn Iniesta und Xavi flankieren. Ohne diese kongenialen Passgeber und Guardiolas passgenaue Taktik scheint Messi seine Fähigkeiten augenscheinlich für Argentinien nicht entfalten zu können. „Bei Barca Weltklasse, für Argentinien Durchschnitt“ dürfte der weltweite Boulevard hierzu in großen Lettern schon bald konstatieren.

Im unvermeidlichen, aber vielleicht nicht ganz angebrachten Vergleich mit Maradona, verkörpert Messi jedenfalls bislang noch nicht den Anführer, der Maradona einmal für die Albiceleste gewesen ist. Und dieser Maradona ist weiterhin allgegenwärtig. Bereits beim enttäuschenden Vorrunden-Remis des zweimaligen Weltmeisters gegen Kolumbien verlangte das erboste Publikum von Santa Fe nach seinem Idol und verlieh seiner Sehnsucht mit wütenden „Maradó, Maradó”-Sprechchören Ausdruck.

Wie sagte der juvenile Messi ehedem selbst: „Es gibt nur einen Maradona.“ Diego Maradona würde dem sicher nicht widersprechen und wohlweislich im dichten Nebel einer Zigarre seine „Hand Gottes“ auf diese Würdigung geben.

Freitag, 1. Juli 2011

Von lahmen Eulen

Was macht eigentlich der SV Meppen? Der Kultklub aus dem Emsland ist kürzlich aus der Oberliga Niedersachsen in die viertklassige Regionalliga Nord, aufgestiegen. Dort will der SVM künftig Ex-Europapokalsieger Magedeburg oder gar Leipzigs Rote Bullen auf die Hörner nehmen. Bevor die neue Saison losgeht, will der LIBERO seinen Lesern die Geschichte eines Stadionbesuchs an einem dunklen Abend im Herbst 2009 nicht vorenthalten.

»In Meppen, bei dem einstigen David der Zweiten Bundesliga, war für einen gemütlichen Fußballabend eigentlich alles angerichtet. Das Flutlicht flackerte, das schmucke Stadion glänzte wie zu besten Zeiten und die Stadionwurst mundete. Nachbar Eintracht Nordhorn hatte sich am 9. Spieltag der Oberliga Niedersachsen-West zum Derby angesagt und beim Blick auf die Meppener Aufstellung fiel einem sogar der Name Robben ins Auge. Gerade das in Liga Fünf auf dem rechten Angriffsflügel ein Namensvetter des niederländischen Premiumkickers erwartet werden konnte, sollte eigentlich schon was heißen.

Ein einträchtiges Schlottern der Knie der Gäste aus Nordhorn ließ sich von der ehrwürdigen Alten Tribüne allerdings deshalb während der unterhaltsamen 90 Minuten nicht vernehmen. Denn die rotgekleideten Nordhorner standen in der Abwehr stabil und konterten in ihrer roten Kluft, die irgendwie an den Retrostil von Nottingham Forest Anfang der Achtziger erinnerte.

Die Meppener Elf schien sich dagegen am Habitus des gemütlichen Stadionsprechers zu orientieren. Der ließ nicht nur das Gefühl eines emsländischen Cousins von Harry Wijnvoord aufkommen, sondern entlockte so manchem ungeduldigen Besucher auf der Alten Tribüne das gnadenlose Urteil, dass die "lahme Eule" endlich mit den Startaufstellungen fertig werden solle.

Dem SV Meppen um seine Robben-Ausgabe fehlte gegen den nachbarschaftlichen Rivalen der Schwung, der Gastgeber biss folglich in der Offensive stets auf Granit. Jener Robben, der mit Vornamen Jens und nicht Arjen heißt und sich einige Jahre unauffällig in der zweiten Liga verdingte, gefiel allein dank seiner roten Schuhe. Denn dank derer wurde sein minimaler Bewegungsradius leider auffällig markiert.


Ganz anders die Nordhorner Gäste. Die besaßen zwar keinen Robben in ihren Reihen, dafür mit ihrem Mittelstürmer Dennis Brode einen waschechten Torjäger. Dem gelangen kurz vor der Pause qua lupenreinem Hattrick sämtliche drei Tore des nasskalten Herbstabends, womit Brode schon vor dem Halbzeitpfiff eine leidige Trainerdiskussion über Meppens umstrittenen Coach Frank Claaßen, der seit dem Sommer Meppens Trainertaktstock schwingt, in Gang setzte. Denn das stakkatohafte "Claaßen raus" war weder im Stadionrund zu überhören, noch endeten die Diskussionen beim halbzeitlichen Stelldichein am Pinkelbusch hinter der Tribüne.

Zu den Highlights der zweiten Hälfte avancierten die "Aufhören"-Rufe nach einer knappen Stunde. Hiernach verließen nicht wenige Zuschauer kopfschüttelnd und vorzeitig das Stadion. So mancher Besucher wird aber trotz der Negativserie von fünf sieglosen Punktspielen zum nächsten Heimspiel des SV Meppen in zwei Wochen wieder auf der Alten Tribüne sitzen.

Wie ist sonst folgender Schlusspfiffdialog zweier SV Meppen-Schalträger wohl zu verstehen? "Moin Werner, tuste Dir den VfB Oldenburg auch wieder an? – Muss ich, ich hab ja ne Jahreskarte!" Wie schön, dass die weiteren rund 1.300 Zuschauer vor dem aufkommenden Pfeifkonzert mit wohligen »You’ll never walk alone«-Klängen in die Nacht entlassen wurden. Das nächste Heimspiel in der früheren Zweitliga-Trutzburg kann also kommen.«
 

[Dieser Beitrag ist ebenso zu finden auf: 11 Freunde.de und Thor Waterschei]