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Mittwoch, 3. Oktober 2012

Comeback in Chemnitz?

An dieser Meldung kommt man nicht vorbei: Michael Ballack ist zurückgetreten. Über eine Hamburger Anwaltskanzlei ließ der Capitano gestern ausrufen, dass er ab sofort seine zuletzt nicht mehr genutzten Stiefel sowie sein Trikot mit der Numero dreizehn an den berühmt-berüchtigten Nagel hängt. Im Wortlaut hört sich das dann so an:

» Mit 36 Jahren blicke ich auf eine lange und wunderbare Zeit im Profifußball zurück, von der ich als Kind nie zu träumen gewagt hätte. Es war ein Privileg, mit erstklassigen Trainern und fantastischen Mitspielern zusammenzuarbeiten. Sicher wird es mir fehlen, nicht mehr vor 80.000 Fans zu spielen oder ein Tor zu schießen. Die letzten Monate ohne aktiven Fußball haben mir aber gezeigt, dass die Zeit reif ist, aufzuhören.

Ich freue mich jetzt auf ein neues Kapitel in meinem Leben und danke meiner Familie und all den großartigen Menschen, die mich gefördert, gefordert, begleitet und unterstützt haben. Sie alle haben großen Anteil an meinem Erfolg. «

Auf seiner Webseite bedankte er sich zudem bei seinen Fans und ließ dort seine Autoren in wenigen Worten seine fußballerische Vita skizzieren : »In seinen 17 Jahren als Profifußballer gab es zahlreiche Höhen und wenige Tiefen, mehr Siege als Niederlagen, mehr Freude als Enttäuschung. «


Die BILD notierte heute vom Ende des Unvollendeten, Zeit online vom Alphatier mit vielen Gegnern. Richtig da war etwas, trotz diverser deutscher und englischer Meistertitel und Pokalsiege war Ballack der große internationale Coup stets vorbehalten geblieben. Gern wurde Ballack als menschgewordenes Leverkusen karikiert. Jener kopfball- und schussstarke Weltklassekicker, dem im entscheidenen Moment stets der letzte Kick fehlte: Vize-Welt- und Europameister, unterlegener Finalist in der Champions League, WM-Dritter im eigenen Land. Doch war er das wirklich? Wie dem auch sei.Einen klanglosen Karriereausklang in den Weiten Amerikas oder Australiens hat sich Ballack unterm Strich, aus welchen Gründen auch immer, erspart. Hier sprach gestern good old Berti Vogts als so genannte Stimme der Vernunft bereits wahre Worte:

»Ich glaube, er hat erkannt, dass er nicht mehr für einen großen Club spielen kann. Sein Karriereende ist richtig. Was soll er in Australien? […] Ich hoffe, dass Michael dem deutschen Fußball erhalten bleibt - als Manager oder Trainer. Das traue ich ihm zu. Es wäre schade, wenn der deutsche Fußball ihn verliert. Er hat Großes für ihn geleistet. «

Unter Berti Vogts hatte der juvenile Ballack anno 1999 gegen Schottland sein erstes von 98 Länderspielen absolviert. Das tragische Ende dieses Lieds ist allerseits bekannt.



Was er nun machen wird? Ketzerische Karrierebetrachter Ballacks könnten nun grinsend fragen: Vielleicht, ab in den Urlaub?

Eine weitaus bessere Idee hatte da „Annettchen aus dem Erzgebirge“, eine Vertreterin aus Ballacks Fanschar, die dem Capitano zurzeit eifrig in dem Gästebuch seiner besagten Webseite salutiert. Ja und „Annettchen aus dem Erzgebirge“ schrieb ihm sozusagen mütterlich ins Stammbuch:

Ich gebe Dir einen guten Rat, mach den Trainerschein, übernehme den CFC, ganz Chemnitz würde Hurra schreien.“

Warum auch nicht? Von Chemnitz in die weite Welt des Fußballs. Das ist dem Capitano schon einmal gelungen…

Freitag, 7. September 2012

Kein Kanonenfutter

Hört man Jogi Löw in diesen Tagen vor dem Duell gegen die Färöer-Inseln so reden, könnte man meinen, sie existiert nicht. Löw spricht einfach davon, dass der  Fußball-Zwerg aus dem hohen Norden für Poldi und Kollegen schlichtweg  „kein Kanonenfutter“ sei. Und, das war es. Doch, sie existiert: eine kleine deutsch- färöische Fußballtradition.

Etwas eigenartig wirkt sie, fast schon eigenwillig. In etwa so, wie auf den wenigen Kunstrasenfeldern auf der Inselgruppe die Elfmeterregel ausgelegt wird. Dort darf ein dritter Spieler in das Elfmetergeschehen  eingreifen und dem Schützen den Ball festhalten. Warum? Wegen des heftigen Windes, der über die Färöer weht. Deutsch- färöische Fußballtradition? Genau. Eventuell stehen Günter Netzer und Gerd Delling für diese Tradition, als Netzer und Delling einmal über färöische Fußballfinessen plauderten.


Vielleicht steht aber auch der Balkan-Schwabe Fredi Bobic, Europameister 1996, für diese kleine Tradition. So taucht Bobic doch auf einer Gedenkbriefmarke der FIFA auf, die ihn im Zweikampf gegen grätschende färöische Verteidiger zeigt. Seinerzeit, als amtierender Vize-Weltmeister zeigte Teamchef Rudi Völler noch den deutschen Kickern wie sie über die Rasenrechtecke streunen sollen. Richtig, es gibt nur einen Rudi Völler. Wer erinnert sich noch, als Völler solche Partien wie gegen die Färöer mit der mystischen Melodie „es gibt keine Kleinen mehr“ untermalte. Und ließ bei diesen Gelegenheiten gerne die sagenumwobene „Brechstange“ aus der kreativen Kiste holen. Lang, lang ist es her.

Jogi Löw als einer von Völlers Nachfolgern wird nachgesagt, jene Brechstange derart tief in die DFB-Asservatenkammer verbannt zu haben, dass sie kaum einer wiederfinden kann. Hoffentlich gelingt es Jogis Löwen heute Abend gegen die Färöer mit schnellen Spielzügen, raffinierten Rochaden und vielen Toren ein Trauma des letzten deutsch-färöischen Duells aufzuheben, welches ich als Augenzeuge vor zehn Jahren im damaligen Niedersachsenstadion in Hannover erlitten habe. Ein Trauma dank flotter wie fleißiger Färöer und einfallslosem Völler'schen Quer- und Rückpassgeschiebe mit gleichzeitigen Brechstangenelementen. 

Protagonist jenes absurden Abends war ein gewisser Michael Ballack. Wie fast alle Zuschauer an diesem nasskalten Herbstabend erwartete ich ein Schützenfest und schmunzelte, als der Torhüter der Färöer den Rasen mit einer Pudelmütze betrat und durch den Nieselregen hüpfte. Momente nach dem Anpfiff bekam ich dann gleich Mitleid mit den Gästen aus dem hohen Norden. Es gab Strafstoß, doch der aufgezogene Jubel als Ouvertüre eines torreichen Abends brandete merkwürdig schnell ab. Michael Ballack schnappte sich den Ball, klemmte ihn sich unter den Arm und marschierte majestätischen Schrittes in Richtung Tor.

Am Elfmeterpunkt angekommen legte er den Ball in für ihn arttypischer Haltung, das heißt mit grimmigem Blicke und breiter Brust, auf den Elferpunkt. Jene furchteinflößende Aura schien selbst auf den Tribünen des alten Niedersachsenstadions spürbar. Britische Gazetten sollten Ballacks außerordentliche physische Präsenz später einmal als „arrogance“ bewundern. Den Strafstoß versenkte Ballack humorlos im Stile Johan Neeskens in der Mitte des Tores. Der pudelmützige Keeper der Färöer war kurz zuvor ehrfürchtig in die andere Torecke gehechtet. So, als habe er Ballack eine Kartoffel mit der bloßen Hand zerdrücken sehen. Michael Ballack schien in diesem Moment auf der Höhe seiner Zeit. …

Wider den allgemeine Erwartungen, erstarrten die Fußballer von den Färöer-Inseln danach weder in Ehrfurcht noch ergaben sie sich gegen die Herren Vize-Weltmeister in ihr Schicksal. Vielmehr schien die pomadige Völler-Elf schon Mitte der 2. Hälfte regelrecht am Ende, aufgeweicht vom Regen und der Kampfkraft der wackeren und weithin unterschätzten Gäste. Es hatte den Anschein, als hätten sie noch nie von der einstigen färöischen Sensation gegen Österreich im schwedischen Landskrona gehört.


Dies alles gipfelte in einer Schlussphase mit gnadenlosen Pfiffen bei jedem deutschen Ballkontakt und Szenenapplaus für feinste färöische Flachpässe, über fünf Meter versteht sich. Nachdem sich Völlers Elf nach einem Arne Friedrich-Eigentor und einem Kopfballtreffer Miro Kloses zu einer knappen 2:1-Führung gequält hatte, lief kurz vor dem Abpfiff plötzlich ein kleiner blonder färöischer Angreifer allein auf Olli Kahn zu und zielte auf Kahns Kasten. Im Niedersachsenstadion herrschte einen Moment lang kollektiver Schochzustand. Landskrona in Hannover? Diese atemlose Schrecksekunde war erst beendet, als der Ball an den Innenpfosten klatschte...

Die färöischen Fans jubelten und wedelten euphorisch mit ihren  Fahnen. Während der „Titan“ vor Entsetzen fast „kahnsinnig“ wurde, war Ballack völlig untergetaucht. Das tat ich ihm gleich und flüchtete in Richtung Parkplatz. Dort erzählte man sich später, wie die Völler-Elf das 2:1 gerade so über die Zeit gerettet hatte und wie bei der färöischen Ehrenrunde jener Pudelmützenkeeper fahnenschwenkend durch die Gegend gehüpft war. Die Wikinger seien kein Kanonenfutter gewesen, hieß es dann zwischen hupenden Autos. Jogi Löws warnendes Sätzchen kommt mir daher merkwürdig bekannt vor. So, als wenn er damals auch im Stadion gewesen wäre...

Freitag, 25. November 2011

Auf nach San Siro!

Es war einmal 2002, die deutsche Nationalelf war als Vize-Weltmeister aus Asien heimgekehrt. Michael Ballack noch nicht als Unvollendeter, sondern als eine Art märtyrerhaft verehrter Held. Wenig später traf jene Nationalelf in der EM-Quali auf die Färöer-Inseln. Wie fast alle Zuschauer an diesem nasskalten Herbstabend in Hannover erhoffte ich mir ein Schützenfest und schmunzelte, wie der Torhüter der Färöer mit Zipfelmütze umher hampelte. Gleich nach einer halben Minute bekam ich Mitleid. Es gab Strafstoß, aber der Jubel als Ouvertüre eines torreichen Abends brandete merkwürdig schnell ab.

Dieser Michael Ballack hatte sich den Ball geschnappt, klemmte sich diesen unter den Arm und begab sich majestätischen Schrittes in Richtung Tor. Dort legte er den Ball in für ihn arttypischer Haltung, das heißt mit entschlossenem Blick, durchgestrecktem Rücken und breiter Brust, auf den Elfmeterpunkt. Diese furchteinflößende, für manche abschreckende, Aura war selbst auf den Tribünen des alten Niedersachsenstadions zu spüren. Niemand hätte gewagt, sich Ballack in den Weg zu stellen.

Es war diese „arrogance“, die britische Zeitungen Jahre später besonders an Ballack rühmten. Das heißt, sie bewunderten vor allem Ballacks außerordentliche physische Präsenz. Den Strafstoß versenkte Ballack übrigens im Stile von Johan Neeskens humorlos in der Mitte des Tores. Michael Ballack schien auf der Höhe seiner Zeit. Der Torhüter mit der Zipfelmütze war Momente vor Ballacks Schuss bereits ehrfürchtig in die linke Torecke gehechtet. Es war, als habe er zuvor Ballack eine Kartoffel mit der bloßen Hand zerdrücken sehen…

Zwischenzeitlich ist Ballacks Abgesang aus der Nationalelf längst erfolgt, und auf seine ganz eigene Weise eine Tragödie. Allmählich scheint jedoch auch jener Tag nicht mehr fern, an dem Ballack endgültig seine Treter an den Nagel wird. Doch wer meinte, Ballack würde sich nach seiner tragischen Talfahrt seinem Karriereende ergeben oder vor diesem gar zu Kreuze kriechen. Nichts da. Wie in alten Zeiten marschiert der Capitano derweil in Leverkusen mit breiter Brust vorneweg und sorgt wieder für ballacktische Momente.

Kürzlich schickte Ballack gar Gedankenspiele über den Äther, nach denen er sich im kommenden Sommer aus  Leverkusen verabschieden werde. Wenn er gesund bleibe, würde er noch ein, zwei Jahre auf einem guten Niveau spielen wollen. Und wenn Rudi Völler ihm einen Fünfjahreskontrakt anböte. Ja, dann würde er selbst den nicht ausschlagen. Unser good old Capitano scheint wie Phoenix aus der Asche zurückgekehrt zu sein.

Bleibt also die Frage, wohin ihn sein finaler Weg führen könnte? Zu Altstar-Liebhaber Felix Magath und seinen Medizinbällen? Ansonsten zurück ins Fußballmutterland? Dorthin, wo einst Stan Matthews selbst im biblischen Alter von 57 kickte und wo Ballack bei Chelsea gute Jahre verbrachte? Oder in die USA? Seite an Seite mit David Beckham bei LA Galaxy oder gar als dessen Nachfolger?

Vielleicht wäre auch der AC Mailand eine gute Partie. Immerhin sind die Rossonieri fast jedes Jahr im Europapokal vertreten. Seit langem zieht Milan alternde Stars magisch nach San Siro. Früher jenen Beckham oder Ronaldinho, heute van Bommel, Ibrahimovic oder Zambrotta. Von Milans Altvorderen wie Ambrosini, Inzaghi, Seedorf oder Gattuso ganz zu schweigen. San Siro, ein schmuckes Sanatorium für Denkmalpflege...

Doch obacht, es gibt einen Haken. Ballack könnte einigen Arrivierten aus Milans Mittelfeld den Rang streitig machen, weshalb ihn nicht aus jeder Kabinenecke ein herzliches „benvenuto“ erreichen könnte.
Etwa von dem verschrobenen Gattuso, der Ballack Hufe scharrend mit brennenden Augen ins Visier nehmen dürfte. Wohingegen dieser rustikale van Bommel seine legendäre „Stinkefaust“ ballen könnte. Nicht zuletzt träfe Ballack dort auf einen gewissen Kevin-Prince Boateng. Wir erinnern uns: englisches Pokalfinale 2010 - beinhartes Tackling Boateng – Ballack verpasste WM in Südafrika.

Ballack und Boateng. Das riecht nach „Schuld und Sühne“, nach einem großen, finalen Drama. Daher, auf nach San Siro! Selbst wenn jene Zeiten längst vorüber sind, in denen Torhüter mit Zipfelmützen vor Ballack in ihre Torecken flüchten.