Freitag, 31. August 2012

37 Jahre Bundesliga

Themenwoche „50 Jahre Bundesliga“, Teil 7. Für Carsten Koslowski alias Janus gibt es nur einen Verein: Fortuna Düsseldorf. Lange Jahre schrieb sich Janus auf seiner famosen Webseite "Janus kleine welt" durch alle Höhen und Tiefen mit der Fortuna gehend seine Finger wund. Leider ist seit damit Kurzem  Schluss. Anlässlich der Themenwoche "haute" Janus jedoch noch einmal in die Tasten und lässt bald 50 Jahre Bundesliga Revue passieren. Selbstverständlich aus dem Blickwinkel eines waschechten Fortunen...

50 Jahre, meine Herren. Das ist schon eine ordentliche Zeit. Das gilt für die Bundesliga, nicht für mich, zum Glück. Zu eurem Glück, denn ansonsten würde dieser Beitrag noch länger. Ich war in der Berichterstattung stets ein Fan der Vorgehensweise, nur über das zu schreiben, was ich auch selbst gesehen bzw. erlebt habe. Das erspart euch jetzt immerhin satte zwölf Jahre, denn meine ersten Erinnerungen aus der Bundesliga rühren aus dem Jahr 1975. Genauer gesagt, am 07.06.1975. Fortuna Düsseldorf schlägt den FC Bayern München mit 6:5, nach 2:4-Pausenrückstand. Ich komme aus der Nähe von Düsseldorf, war aber noch nicht einmal eingeschult, von einem Gang ins Stadion konnte keine Rede sein. Ich war an jenem Tag noch nicht einmal in der Nähe. Ich weilte mit Mutti im Urlaub im Schwarzwald. In einem Kaff namens Halbmeil mit gefühlt 13 Einwohnern. Der Sohnemann der Pensionsbesitzer war dort mein bester Freund, und wir tollten verbotenerweise gerne in dem Flüsschen herum, welches hinter der Pension träge seines Weges zog; das war die Kinzig. Ich habe keine Ahnung, wo genau sich Kaff und Kinzig geographisch befinden, aber die Namen sind hängen geblieben.

Hängen geblieben wie die Erinnerung an jenen Abend, als wir pudelnass aus der Kinzig stiegen und uns in die Sessel des einzigen Zimmers der Pension warfen, welches damals über einen Fernseher verfügte. Vielleicht ist mir der Abend, obwohl nahezu 40 Jahre vergangen sind, auch deshalb so gut in Erinnerung, weil es vor der Sportschau einen ordentlichen Anpfiff hagelte, da wir uns noch tropfend in die Couchpotato-Position begeben hatten. Erst von der Pensionsmutti, dann von meiner, so hatten wir beide was davon. Jedenfalls sind dieses Spiel und diese Begleitumstände meine ersten Erinnerungen an die Bundesliga. Weil ein 6:5 für mich ein unerhörtes Ergebnis war. Und weil ich schon wusste, dass es der Verein, der dem Maier-Sepp sechs Buden eingeschenkt und das Spiel gewonnen hatte, obwohl Gerd Müller dreimal traf, sein Zuhause ganz in der Nähe meines Zuhauses hatte. Oh, ich kannte mich schon aus, ich kannte Gerd Müller, Sepp Maier, Franz Beckenbauer und wie sie alle hießen. Die Nationalspieler waren mir ein Begriff, von der WM 1974 weiß ich auch noch einiges. Deshalb konnte ich kaum glauben, was ich damals in diesem riesigen Schwarzweißfernseher (Gesamtgewicht geschätzt drei Tonnen) erblickte. Ich verliebte mich auf der Stelle in eine Bundesliga, die solche Ergebnisse möglich machte. Und natürlich in Fortuna. Eine Woche später war ich wieder zuhause, kurz darauf hatte ich mit Hilfe der Bundesliga lesen gelernt. Okay, der Zweiten Bundesliga, die damals erst kurz zuvor ihre Premiere gefeiert hatte. „FC Augsburg schlägt den 1.FC Nürnberg mit 2:0“ stand im Sammelalbum unter dem Klebebildchen, das ich als Erstes unfallfrei vortragen konnte, woraufhin Mutti vor Schreck der Kochlöffel aus der Hand fiel, wie gesagt: ich war ja noch nicht eingeschult. (Als echte Pragmatikerin hat sie das Sammelalbum Jahre später mit dem Kommentar „Völlig veraltet!“ entsorgt, woraufhin mir im Geiste bis heute der Kochlöffel ebenfalls aus der Hand fällt, allerdings mehr in ihre Richtung.)

Seitdem lebe ich mit der Bundesliga. Und mit Fortuna Düsseldorf, auch wenn der erste Stadionbesuch noch bis 1978 warten musste. 22 Jahre hat Fortuna in der 1. Liga gespielt, die meisten davon habe ich mitgemacht, sei es vor dem Fernseher oder im Stadion. Ein 6:5 haben sie mir nicht mehr kredenzt, dafür aber ein 7:1 – wieder gegen Bayern München, wieder gegen den Mayer-Sepp, 1978. In der Saison 1983/84 verloren wir mal 0:6 in Dortmund. Kann passieren, war allerdings etwas peinlich, weil man das Hinspiel 7:0 gewonnen hatte. Ein 0:7 zuhause gegen den VfB Stuttgart im Jahr 1986, fünf Tore durch Jürgen Klinsmann. Eine Woche zuvor hatten wir übrigens 3:2 bei Bayern München gewonnen. Wir verloren auch mal 3:4 gegen den VfL Bochum, nachdem wir schon 3:0 geführt hatten. Man sieht schon, bei uns war immer was los. Nicht umsonst ist es Fortuna Düsseldorf, das einen bislang einzigartigen Bundesliga-Rekord hält, der hoffentlich auch noch lange allen Reformversuchen trotzen wird: ein einziges Mal, in der „Wiedervereinigungssaison“ 1991/1992, umfasste die 1. Bundesliga 20 Vereine. Und welches Team stieg als Tabellenletzter ab und ist somit bis heute die einzige Mannschaft, die in der 1. Bundesliga mal Zwanzigster wurde? Ganz genau. Muss man halt hassen oder lieben. Ich habe mich für Letzteres entschieden.


Natürlich sind mir auch Anekdoten anderer Vereine aus 37 Jahren Bundesliga im Gedächtnis, von Spielen ohne die Beteiligung der Fortuna. „Schlitzer“ Siegmann eröffnet das Anatomie-Seminar am lebenden Objekt Ewald Lienen; Horst Hrubesch knipst die Bayern aus, 4:3 nach 1:3-Rückstand für den HSV in München; der FC Bayern verliert zuhause gegen die Stuttgarter Kickers mit 1:4, nicht auf der Playstation, sondern wahrhaftig im Jahre 1991; „Phantomtor“ durch Thomas Helmer; Andy Möller Schwalbengott; Fjörtofts Übersteiger; Michael Ballack sichert seinen ersten zweiten Platz durch ein blitzsauberes Eigentor; Schalke Vier-Minuten-Meister; SSV Ulm vs. Bayer Leverkusen 1:9, Schalke vs. Leverkusen 7:4. Nur exemplarische Ereignisse, die mir jetzt ohne nachzuschauen eingefallen sind, und die mich stets in meinem Glauben bestärkten, dass ich recht daran tat, mich am 07.06.1975 in die Bundesliga zu verlieben. Dass zwischendurch der FC Bayern München immer mal wieder Meister wird, finde ich zwar langweilig, habe allerdings in den letzten 20 Jahren den Eindruck gewonnen, dass die mittlerweile ähnlich denken. Sei`s drum.

In den letzten 15 Jahren habe ich die Bundesliga überwiegend im Fernsehen verfolgt. Mit dem, was man heutzutage unter Berichterstattung versteht, bin ich nicht einverstanden. Bestes Beispiel ist die Partie, die meinen Verein nach 15 Jahren wieder in die 1. Liga zurückführte. Ein dämlicher, aber völlig friedfertiger vorzeitiger Platzsturm, schon zigmal in der Historie der Bundesliga vorgekommen, wurde medial zum 3. Weltkrieg aufgeblasen, weil achteinhalb Millionen Zuschauer es live gesehen hatten. Einen Tag zuvor wurden nach einem anderen Spiel fast 80 Personen verletzt und über 100 festgenommen; das kam auch live, aber nur im Dritten Programm vor ein paar Hunderttausend, das interessierte wohl nicht so sehr. Nun sind wir also wieder da, und ich werde die Bundesliga wieder überwiegend im Stadion erleben. Selbstverständlich als Abstiegskandidat Nummer Eins. Was ja auch klar ist – denn in der Ewigen Tabelle der Bundesliga, wo steht die Fortuna da? Natürlich auf Platz 18. Ich freu mich drauf.

Dieser kleine Ausschnitt meiner Erinnerungen zeigt wohl eins ziemlich deutlich: dass ich langsam aber sicher zur Sentimentalität neige. Aber verdammt nochmal, irgendwie hat es Spaß gemacht. Wie ein gutes 6:5 in der Bundesliga.

Wer mehr von Janus lesen möchte, dem sei hiermit sein bereits erwähntes Webportal "Janus kleine Welt" empfohlen oder jene Buchtitel, mit denen Janus die Fußball-Welt bereichert hat.

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