Freitag, 26. Juli 2013

Keine Dauerkarte für Mick Jagger

Wie es heute im Blätterwald wegen Mick Jaggers 70. Geburtstag rauscht, oder? Vorab gesagt soll hier nun selbstverständlich nicht Jaggers musikalisches Wirken rezipiert, die schönsten Stones-Schlager wie Perlen an einer Kette aufgereiht oder gar die Wirkung seiner schamanenhafter Bühnentänze auf wie toll werdende Konzertmassen analysiert werden. Kurz gesagt, es soll allein um „Sir Mick“ und den Fußball gehen. Denn Jagger gilt dem runden Leder als durchaus zugetan. An gewissen Tagen steigt der Stones-Sänger gar aus seinem Rock-Olymp auf die zuweilen harten Tribünen der Arenen dieser Fußballwelt herab.

Anders als bei Roddie Stewart, dessen Begeisterung sich auf Schottland und Celtic Glasgow beschränkt, nimmt es Jagger, der gebürtige Engländer, mit der Treue nicht so genau. Wie im wahren Leben, mag manche spitze Zunge nun einwenden. Doch jene Dinge, die außerhalb des Fußball-Kosmos liegen, sollen uns nicht interessieren. Lieber wollen wir uns an die WM 2010 in Südafrika erinnern, wo Jagger diverse Partien besuchte und dort die mystische Aura des Unglücks versprühte.

Konkret widerfuhr jenen Teams, denen er vor einem Spielbesuch öffentlich seine Sympathie bekundete hatte, dass sie nach dem Abpfiff die Heimreise antreten durften. Der Ballesterer schrieb einmal, dass zu diesem Phänomen ganz gut die Stones-Hymne "It's all over now" passen würde. Es war, als öffnete Mr. Jagger stets die Büchse der Pandora.


Untermalt von den dröhnenden Vuvuzela-Klängen konnten davon etwa die USA ein Lied singen. Zu denen hielt Jagger, auf der Tribüne flankiert von Bill Clinton, in ihrem Achtelfinalspiel gegen Ghana, das die US-Boys unglücklich in der Verlängerung verloren.

Doch dies war erst der Anfang. Denn Jaggers „Fluch“ machte selbst vor seinen englischen Landsleuten nicht halt, die Jagger im Achtelfinale gegen Deutschland unterstützte. Das Ende vom Lied? Die „Three Lions“ kassierten neben einer epochalen 1:4-Pleite auch das sogenannte„Bloemfontein-Tor“, das Englands Ikone Frank Lampard geschossen hatte. Es wäre der 2:2-Ausgleich nach dem Kopfballtreffer des englischen Stoppers Matt Upson gewesen. Zwar strich Lampards Schuss von der Unterkante der deutschen Torlatte hinter die Linie, doch von dort zurück an die Unterkante und danach in Richtung  Feld, ehe ihn Manuel Neuer fing. Referee Larrionda aus Uruguay ließ zum englischen Entsetzen einfach weiterspielen. Die Gazetten schlagzeilten danach von einer „Rache für das Wembleytor“...

England reiste ab und Jagger gleich weiter nach Port Elizabeth, wo er dem mit Spannung erwarteten Viertelfinalduell der Niederlande gegen Brasilien seine Aufwartung machte und Peles Erben einen Sieg wünschte. Das Ergebnis? Auch die stolze Selecao packte nach ihrer 1:2-Niederlage, die Brasiliens Verteidiger Felipe Melo mit einem Eigentor und einer Roten Karte flankiert, ihre Koffer. Am Zuckerhut stellten die Sirenen der brasilianischen Presse tags darauf aber nicht etwa den unglückseligen Melo an den Pranger. Die Schreiber der großen brasilianischen Tageszeitung Lance zwangen vielmehr unser Geburtstagskind in die Verantwortung und empörten sich, Jagger sei Schuld und mit einem WM-Fluch belastet.

Zum Schluß soll noch von Diego Maradona die Rede sein. Dessen argentinischer Elf drückte Jagger, knapp oberhalb der Rasenkante sitzend, in ihrem Viertelfinale (wieder) gegen Deutschland die Daumen. Allerdings gelang es weder Maradona als rastlosem argentinischen Nationalcoach noch Lionel Messi den Jagger’schen Fluch zu brechen. Denn Jogi Löws brillant aufspielende Elf schickte Messi & Co. mit 4:0 buchstäblich in die Pampa. Maradona blieb nach diesem Desaster nichts anderes übrig, als seinen Hut zu nehmen.

Wie man sieht, ist mit Mick Jagger als Tribünentalisman kein Staat zu machen. Wer weiß, welche Steine Jagger erst ins Rollen brächte, sollte Sir Mick sich bei seinem angeblichen Lieblingsklub Arsenal öfter blicken lassen. Es bleibt unter diesen Voraussetzungen wohl nur zu hoffen, dass die traditionsreichen „Gunners“ niemals auf die fixe Idee kommen, ihrem Edelfan eine Dauerkarte zu schenken. Es wäre wohl Arsenals Anfang vom Ende...

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