Posts mit dem Label Franz Beckenbauer werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Franz Beckenbauer werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 18. August 2017

Treuer Charly

Heute Abend ist Anpfiff der 55. Bundesligasaison. Karl-Heinz »Charly« Körbel ist Rekordspieler der Bundesliga und hält diesen Rekord mit 602 Einsätzen seit nunmehr zwei Dekaden. Eintracht Frankfurts Klubikone , der einst eisenharte Vorstopper, wird ihn wohl auch auf ewig verteidigen. »Der Libero« wartet nun mit zehn Schlaglichtern aus Körbels stolzer Karriere auf, die im Oktober 1972 mit juvenilen 17 Jahren begann und im Mai 1991 mit fast 37 Jahren endete.


1. Körbel wird »der treue Charly« genannt. Schließlich absolvierte der gebürtige Dossenheimer offenbar aus der besten uweseeler'schen Schule stammend sämtliche seiner Bundesligapartien im Trikot seiner Frankfurter Eintracht. Körbel war auf dem Rasen als Vorstopper zwar gefürchtet, galt aber stets als tadelloser Sportsmann. Unlängst berief die Eintracht ihr Klub-Idol zu einem ihrer Ehrenspielführer. Das Klub-Maskottchen, ein Adler, heißt im Übrigen auch weiterhin Attila (nach Attila Pfaff) und nicht wie die WELT einmal verkündete, Charly...

2. Sein Bundesligadebüt absolvierte Körbel mit zarten 17 Jahren gegen den FC Bayern, als Eintracht-Trainer Erich Ribbeck ihn im Oktober 1972 mit der Manndeckung eines gewissen Gerd Müller betraute. Müller, der in der Saison zuvor gigantische 40 Treffer erzielt hatte, sollte zwar auch gegen Körbel einmal einnetzen, sah sich aber ansonsten von dem Vorstopper-Novizen abgemeldet. Nicht nur deshalb gewann die Eintracht mit 2:1.

3. Wie Körbel einmal den 11Freunden im Interview anvertraute, blieb Gerd Müller in den folgenden Jahren einer seiner erklärten »Lieblingsgegenspieler«, da der »Bomber der Nation« sich gegen Körbel mit dem Tore schießen überaus schwer tat. Der sonst eher wortkarge Müller soll vor späteren Duellen mit dem eisenharten Körbel mal geflucht haben: »So eine Scheisse, schon wieder gegen dich«.

4. Nur drei Jahre nach Körbels bestechendem Debüt sollte der kicker einmal mit Körbel auf dem Cover seiner Montagsausgabe schlagzeilen: »Ein Mann mit Zukunft – Körbel kann sie alle ausstechen«. In der Nationalelf gelang dies Körbel allerdings nicht so wie prophezeit. Körbel absolvierte zwar 1974/75 als damals 20-jähriges Talent sechs Länderspiele, kam aber an dem      arriviertem Welt- und Europameister »Katsche« Schwarzenbeck nicht vorbei. Der Legende nach soll hierfür unter anderem der damalige Kapitän der Nationalelf, Franz Beckenbauer, mitverantwortlich gewesen sein. Denn dem »Kaiser«, behagte die offensive Spielweise Körbels offenbar nicht und goutierte gegenüber Bundestrainer Schön seinen Putzer »Katsche«. Bekanntlich überquerte dieser selten die Mittellinie und hielt dem als Libero nicht minder offensiven »Kaiser« in verlässlicher Manier den Rücken frei.

5. Von Körbels offensiven Qualitäten profitierte indes seine Eintracht zweimal in besonderem Maße - ganz im Gegensatz zur Nationalelf . Anno 1975 triumphierte man etwa dank Körbels Siegtreffer im Pokalfinale von Hannover über den MSV Duisburg. An gleicher Stelle spielte Körbel 14 Jahre später erneut Schicksal, als er seine Eintracht mit einem Kopfballtor in der Relegation gegen den 1. FC Saarbrücken vor dem drohenden Zweitligaabstieg bewahrte. Letzteren Treffer bezeichnete Körbel später einmal als den wichtigsten seiner Karriere.

6. Den wichtigsten Titel seiner Karriere holte Körbel unterdessen 1980, als Frankfurt den UEFA-Pokal gegen Borussia Mönchengladbach errang. Daneben gewann Körbel insgesamt vier Mal den DFB-Pokal (1975, 1976, 1981, 1988). Beim letzten Pokalsieg fungierte Körbel als Eintracht-Kapitän und ist damit bis heute der letzte Spielführer der Hessen, der einen Titel in die Höhe stemmte. Der Gewinn einer Meisterschaft blieb Körbel verwehrt.

7. Anders als ein offizielles Abschiedsspiel, das 20 Jahre nach Körbels Bundesligadebüt im Waldstadion gegen den FC Bayern stieg, der aber dieses Mal ohne Gerd Müller antrat. Sein letztes Bundesligaspiel bestritt Körbel anno 1991 beim FC St. Pauli, wo er am 33. Spieltag vom gnadenlosen Berliner Referee Prengel wegen eines Allerweltsfouls die vierte Gelbe Karte kassierte und zum großen Frankfurter Verdruss beim Saisonfinale im heimischen Waldstadion gesperrt war.

8. Ein Jahr später, als Frankfurt am letzten Spieltag der Saison 1991/92 in Rostock kurz vor dem Gewinn der Meisterschaft stand, wäre Körbel übrigens beinah zu einem Comeback gekommen. Wäre nicht Frankfurts damaliger Cheftrainer Dragoslav Stepanovic gewesen, der davon absah, das zum Assistenztrainer avancierte Klub-Idol im Ostseestadion einzuwechseln. Frankfurt unterlag dem späteren Absteiger mit 1:2 und verlor in einem Herzschlagfinale die Meisterschale an den VfB Stuttgart. Körbel bekundet noch heute: »Mit mir wären wir Meister geworden, denn ich habe noch nie ein Finale verloren

9. Besagter Assistenztrainer seines Leib- und Magenvereins blieb Körbel noch einige Jahre und half zudem Mitte der 90er mehrmals als Interims-Trainer aus. In die Saison 1994/95 führte der »treue Charly« seine Eintracht gar als offizieller Chefcoach, aufgrund großer Abstiegsgefahr musste er aber im Frühling 1996 seinen Hut nehmen. Das brachte indes wenig, da die Eintracht trotz Nachfolger Stepanovic kurz darauf erstmals aus der Bundesliga abstieg. Hiernach wurde Körbel seiner Eintracht übrigens gleich zweimal untreu, als er sich auf Cheftrainer-Stippvisten bei den damaligen Zweitligisten VfB Lübeck und FSV Zwickau einließ.

10. Seit längerer Zeit  ist Körbel seiner Eintracht gottlob aber wieder treu. Inzwischen fungiert er als Berater des Eintracht-Vorstands und leitet die klubeigene Fußballschule, die er 2001 gegründet hat. So richtig los, kommt der »treue Charly« von seiner Eintracht vermutlich nie.

Foto: der-Libero.de

Freitag, 11. September 2015

Geht's raus und spielt's Fußball

Franz Beckenbauer wird heute 70 Jahre alt, herzlichen Glückwunsch. Zu diesem Anlass gräbt »Der Libero« zehn schaurig-schöne und wahrscheinlich nie gehörte Zitate des Kaisers aus einer schier endlos großen Schatzkiste an Sprüchen, Anekdoten und sonstigen kaiserlichen Archivalien aus.

1. „Geht's raus und spielt's Fußball.“ (Als Teamchef bei der WM 1990)

2. „Die Schweden sind keine Holländer, das hat man ganz genau gesehen.“ (Beckenbauer weltmännisch)

3. „Lothar und ich hatten auch Meinungsverschiedenheiten. Ich hab mich immer durchgesetzt. Gott sei Dank, sprechen die Erfolge für sich.“

4. „Damals hat die halbe Nation hinter dem Fernseher gestanden.“ (Nach dem WM-Sieg 1990)

5. „Ja gut, es gibt nur eine Möglichkeit. Sieg, Unentschieden oder Niederlage.“ (Franz philosophisch)

6. „Schau'n mer mal.“

7. „In einem Jahr habe ich mal 15 Monate durchgespielt.“

8. „Das sind alles gute Fußballer. Nur: Sie können nicht Fußball spielen.“

9. „Wir haben das Zaubern und den schönen Fußball noch nie erfunden. Der Deutsche muss arbeiten, um erfolgreich zu sein.“

10. „Erfolg ist ein scheues Reh. Der Wind muss stimmen, die Witterung, die Sterne und der Mond.“

Freitag, 4. September 2015

Wasserschlacht wie anno '74?

Deutschland gegen Polen im Waldstadion in Frankfurt am Main? Da war doch etwas. Richtig, die Wasserschlacht der WM 1974, als die Elf rund um Kapitän Franz Beckenbauer, Paule Breitner und Gerd Müller auch bereits weiße Hosen trugen. Da letzterer einmal Bumm machte, gewann die Nationalelf und zog ins legendäre WM-Finale von München ein. Das Ende ist hinlänglich bekannt.

Ob es heute Abend in Frankfurt wieder regnet, wird sich zeigen. Ein 1:0-Sieg könnte der amtierende Weltmeister gegen die polnischen Gäste wohl erneut ganz gut gebrauchen, um rasch die letzten Zweifel einer souveränen EM-Quali zu beseitigen. Wie gut, dass Jogi Löw ebenfalls einen Müller mit der Dreizehn auf dem Rücken mitspielen lässt, der Bumm machen könnte...


Samstag, 20. September 2014

Totgesagte leben länger

Es war Anfang der Woche, als HSV-Boss Dietmar Beiersdorfer Mirko Slomka als HSV-Trainer entließ und den zuvor weithin unbekannten Josef Zinnbauer »bis auf Weiteres« als nächsten HSV-Trainer ernannte. Jene Berufung verband Beiersdorfer mit dem Auftrag an seinen bisher so erfolgreichen U-23-Trainer, bei der anhaltend schlingernden Rothosen-Elf »neue Impulse zu setzen und diese zu emotionalisieren« .

Josef Zinnbauer, der vorgeblich ob seines guten Auges für Talente »Juwelen-Joe« gerufen werden soll, dürfte bereits am Donnerstag nicht schlecht gestaunt haben. Denn für seinen Auftrag bekam er eher unverhoffte Hilfe vom traditionsreichen kicker. Schlug man die Seite 16 jener Donnerstagsausgabe auf, fand sich eine Bundesliga-Tabelle vor, aus der der bis dato unabsteigbare HSV - jawoll - tatsächlich getilgt war. Oha, welch pikantes Präsent für HSV-Legende Charly Dörfer. Denn Uwe Seelers einstiger Flankengott wurde ausgerechnet an jenem Donnerstag 75.
 
 
Das schlug selbstverständlich hohe Wellen, weshalb sich auf Twitter sich hierzu in der Folge ein interessanter Austausch zwischen dem gelassen reagierenden HSV und dem Sportmagazin entwickelte. Unterhaltsam garniert wurde das Ganze vom St.Pauli-Fanzine Der Übersteiger, das neckisch wie launig zwitscherte, dass der HSV in jener donnerstäglichen kicker-Ausgabe selbst in der Zweitligatabelle nicht zu finden sei.

Wie löblich, dass sich der kicker beim HSV sofort für die Tabellentilgung entschuldigte und zu diesem Anlass gar das naheliegende Sprichwort »Totgesagte leben länger« aus der Schublade kramend wie pfiffig zum Besten gab. Die Bundesliga-Uhr des HSV läuft also wieder einmal weiter.


»Juwelen-Joe« Zinnbauer dürfte dies alles - wie schon angedeutet - vor seinem Debüt als Bundesliga-Coach durchaus gefreut haben. Braucht er für seine »emotionalisierende« Ansprache vor dem Bayern-Gastspiel wohl einzig jene Tabelle in die Kabine hängen. Vorausgesetzt, Lasogga und Kollegen werfen überhaupt noch einen Blick auf diese.

Jetzt muss der wankende Bundesliga-Dino heute ab halb Vier eigentlich »nur noch« gegen die hochfavorisierten Bayern punkten . Alt-HSVer Franz Beckenbauer glaubt jedenfalls daran. Darüber dürfte sich gewiss nicht nur Jubilar Charly Dörfel freuen. Selbst »Uns Uwe« hätte seinen HSV betreffend »bis auf Weiteres« und der Abwechslung halber mal eine Sorge weniger. Wie notierte der kicker? Totgesagte leben  länger...

 

Montag, 9. Juni 2014

WM-Blogstöckchen do Brasil

Trommelwirbel für die WM in Brasilien. Die Arenen sind quasi fertig. Pelé winkt allerorten, Jogi und seine Jungs sind in ihrem Urwald-Camp angekommen, während Sepp Blatter sich angeblich an der Copacabana schon den ersten Sonnenbrand geholt hat. Dazu wirft das WM-Eröffnungsspiel am Donnerstag zwischen Brasilien und Kroatien seine Schatten voraus.
 
WM hier, WM da, WM überall. Freunde, ich meine, die Zeit ist reif für ein WM-Blogstöckchen do Brasil, das ich hiermit auf seine Reise schicke! Und so funktioniert es: Fragen (und Aktionslogo) kopieren und im eigenen Blog beantworten. Ob auf Zuwurf oder mit Aufheben des Stöckchens, entscheidet Ihr ganz alleine. Macht mit! Zum Auftakt werfe ich das Stöckchen zu Trainer Baade und in das FCS-Blog 2.0.
 
Foto: der-libero.de

 
Die Fragen:
 
Mein erstes bewusstes WM-Erlebnis war?
 
Es war das Eröffnungsspiel der WM 1990 in Italien. Kamerun schlug im nagelneuen San Siro sensationell den amtierenden Weltmeister Argentinien. Held der unzähmbaren Löwen war aber nicht etwa Roger Milla und ließ an der Eckfahne seine Hüften kreisen. Er hieß François Omam-Biyik, der das Tor des Tages schoss. Diego Maradona machte in seiner besten Szene dieses Eröffnungsspiels riesengroße Augen. Mir erging es mit meinen acht Jahren nicht anders. Diego und ich hatten beide von diesem François Omam-Biyik, jenem Kameruner mit der gelben Nummer sieben, noch nie zuvor etwas gehört.
 
Mit welcher WM-Legende würde ich gern einmal Doppelpass spielen?
 
Definitiv mit dem »Kaiser«, mit Franz Beckenbauer. Doppelpässe so von Libero zu Libero hätten doch was, oder? Da macht es auch nichts, dass mein Außenrist seine besten Zeiten noch nie erlebt hat. Nebenbei könnte mir der »Kaiser« im Vertrauen erklären, wie die Sache mit der WM-Vergabe an Katar tatsächlich gelaufen ist. Also, sozusagen wer da mit wem, wo und wie einfache und doppelte Doppelpässe gespielt hat...
 
Welchem TV-Kommentator werde ich bei der WM gerne zuhören?
 
Allen Unkenrufen zum Trotze Béla Réthy. Vielleicht liegt es daran, dass ich mit Réthys Kommentaren aufgewachsen bin. Oder daran, dass Béla Réthy für mich meist überzeugend wie sachlich auf Ballhöhe kommentiert, die Ereignisse auf dem Rasenrechteck eigentlich ganz gut einordnen kann und ich ihn selten einen armenisch-isländischen Zungenbrecher falsch aussprechen gehört habe. Ich behaupte sogar: Béla Réthy, der Mann der Fußball-Fakten, kann das Gras wachsen hören!
 
Die Iren haben sich für die WM am Zuckerhut leider nicht qualifiziert. Welchem weiteren Land drücke ich neben Jogis Jungs als »Zweitteam« die Daumen?
 
Trotz diverser exotischerer Alternativen fällt meine Wahl auf England. Wer sich so akribisch wie das Fußballmutterland in seiner WM-Vorbereitung mit Winterkleidung und Mützen auf mögliche Hitzeschlachten am Zuckerhut einstellt, dessen Anstrengungen sollen mit wohlwollender Unterstützung gewürdigt werden.
 
Zu Jogis Jungs: Meine beiden Lieblingskicker aus dem deutschen Kader sind?
 
Erstens Per Mertesacker, denn einer wie Merte muss in der deutschen Defensive ja den Überblick behalten, die Ruhe bewahren oder besser gesagt den Ton angeben. Und zweitens Thomas Müller, denn kein anderer deutscher Spieler kann von Krämpfen geschüttelt solch schöne Tore schießen, so unorthodoxe Dinge aus dem Rasenrechteck tun, seine Mitspieler mitreißen und so launig bei der Hymne zwinkern wie das »Bömberchen der Nation«.
 
Wie weit kommen Jogis Jungs?
 
Angeblich sollen Jogis Jungs zwar #bereitwienie sein. Doch mein Bauchgefühl sagt mir, mit dem WM-Titel wird das nichts. Trotz oder wegen Jogi Löw, der falschen Neun oder den klimatischen Bedingungen befürchte ich, dass das Erreichen des Halbfinales das höchste der Gefühle sein wird. Vielleicht mag es sich auch als Trugschluss des Bundestrainers erweisen, in ein physisch wie psychisch herausforderndes Turnier zu gehen, wenn das namhafteste Viertel des Kaders mehr oder weniger angeschlagen ist...
 
(Wenn nicht Jogis Jungs:) Wer wird am 13.07.2014 im Maracanã Weltmeister?
 
Da nicht bei jedem WM-Turnier in Brasilien Uruguay Weltmeister werden kann, halte ich es mit Lothar Matthäus: Weltmeister wird Argentinien. Denn die Gauchos tragen nicht nur das schönste Trikot bei dieser WM, die Albiceleste verfügen über einen erfahrenen wie individuell und taktisch ausgewogenen Kader mit einem gewissen Lionel Messi als sogenanntes Sahnehäubchen. Und welcher handfester Argentinier möchte halt nicht ausgerechnet in Brasilien Weltmeister werden.
 

Donnerstag, 29. Mai 2014

Im winkenden Solo

Von dem Twitter'schem Hashtag #ThrowbackThursday habt Ihr bestimmt schon gehört. Da heute zufällig Donnerstag ist, will Der Libero - ganz seinem nostalgischen Ich folgend - endich einmal wieder olle Kamellen aufwärmen. Es geht um Cosmos New York, jenen einstigen Glamourklub der nordamerikanischen Operettenliga NASL, bei dem sich Ende der wilden 70er Pelé und Kaiser Franz ihre Doppelpässe angeblich stets per Außenrist zugespielt haben sollen.

Daher gebührt dem eifrigen Social-Media-Praktikanten von Cosmos aufrichtiger Dank. Hat er doch aus eingangs beschriebenem Anlass längst ein stylisches Bild des großen und gerade rüde umgegrätschten Pelé aus dem Cosmos-Fotoarchiv gekramt, es fleißig gescannt und dann rasch in den Twitter-Äther geschickt.
Wie löblich, dass sich hiermit nun gleich eine Handvoll Erinnerungen aufwärmen lassen. Jene an Cosmos New York, an gnadenlose Grätschen, an die NASL und an die wilden 70er. Nicht zuletzt an die Spielkünste Pelés, der uns in Bälde bei der WM do Brasil wohl täglich begegnen wird. Nicht mehr mit raffinierten Dribblings, eher im winkenden Solo, wenn gefühlt alle Kameraobjektive auf Brasiliens Fußball-Idol gerichtet sein werden.

Von Pelés kruden Werbespots soll nun nicht die Rede sein. Angesichts des medial oft verklärten Blicks auf die winkende Legende do Brasil vielleicht eher davon, wie der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe ab Seite 96 die gewachsene traurige Wahrnehmung Pelés treffend wie eine Grätsche in den wilden 70ern auf den Punkt bringt:"Pelé ist die größte Legende des Fußballs.In seiner Heimat wird der einstige Wunderstürmer aber kaum mehr ernst genommen. Er redet zu oft Politikern nach dem Mund und ist sich auch für keine Werbekampagne zu schade."

Sonntag, 13. Oktober 2013

Auf zum Zuckerhut

Viva Colonia! Köln war am Freitagabend für die deutsche Nationalelf wieder einmal ein gutes Pflaster. Dank eines hochverdienten 3:0-Sieges gegen erwartbar kampfstarke Iren, die in Spiel eins nach der Entlassung von Giovanni Trapattoni eine vielbeinige Variante eine irischen Catenaccios aufzogen, qualifizierten sich die Nationalelf für die WM 2014 in Brasilien. Die besten Iren des Abends waren neben den fantastischen mitgereisten Fans, Irlands toller Torwart Forde und der ergraute irische Barde Johnny Logan, der einst zweimal den ESC gewann und vor dem Anpfiff anmutig die irische Hymne Amhrán na bhFiann schmetterte.

Nach den siegreichen 90 Minuten dröhnte selbstverständlich das erwähnte Viva Colonia aus den Kölner Stadionlautsprechern. Jogis Löwen drehten währenddessen pflichtbewusst ihre Ehrenrunde und die Zuschauer schwenkten dazu artig ihre Fähnchen. Alles ansprechend für die Menschen vor den Fernsehschirmen, wie diese früher im Sprech öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten hießen, durchchoreografiert. Zu spüren war auf dem Rasenrechteck allerorten Erleichterung. Darüber, die hohen Erwartungen als Gruppenfavorit erfüllt und das verheißene WM-Ticket gelöst zu haben. Überschwänglich jubelnd in die Arme gefallen sind sich Jogis Löwen freilich nicht. Allerorten ansteckender Enthusiasmus auf dem Rasen und den Rängen sieht doch etwas anders aus. Oder nicht? Der Funke sprang leider nicht so über, wie etwa im verregneten November 1989 in Köln.

Ich erinnere mich, wie im einstigen Müngersdorfer Stadion der Fußballnation ein kollektiver Stein vom Herzen fiel, als Lokalmatador Thomas Häßler gegen wackere Waliser mit seinem Siegtor das zum 1990er WM-Ticket löste und den Weg zum WM-Titel in Italien ebnete. Die von Teamchef Franz Beckenbauer trainierte Elf um Lothar Matthäus, Rudi Völler oder Andy Brehme schien Begeisterung entfachen zu können. Ein knappes Vierteljahrhundert später sind die Konstellationen, Vorzeichen und auch die Mentalitäten sowie Spielkultur untrüglich andere, so dass ein Vergleich verschiedener Generationen wie so oft a priori hinkt.

Was bleibt, ist das dieser Tage so oft beschworene und in jenem November 1989 zu Grunde gelegte Kölner Omen. Nachdem nun das WM-Ticket wie 1989 erneut in Köln gelöst wurde, dürfen wir demnach verstärkt hoffen und werden gern orakeln, dass Jogis durch dieses Omen gestärkte Nationalelf in Brasilien Weltmeister werden wird. Stören wir uns gar nicht an dem widerstreitenden Omen, wonach es noch nie einer europäischen Nationalmannschaft gelang, in Südamerika zum Weltmeister zu avancieren. Die Neue Osnabrücker Zeitung schrieb am Samstagmorgen dennoch und offenbar in ergebener Gefolgschaft jenes Kölner Omens, der Aufstieg zum Gipfel des Zuckerhuts könne beginnen.

Schaun mer mal, wie beschwerlich dieser Aufstieg 2014 sein wird. Ob der aktuelle Bundestrainer wohl weiß, dass jener Gipfel des knapp 400 Meter hohen Granitfelsens auch per Seilbahn erreichbar ist? Diese Seilbahn heißt übrigens O Bondinho. Das lässt sich zwar hören. Schier ausgeschlossen dürfte indes sein, dass einer der nächsten brasilianische Superstars diesen Namen trägt. Wer will halt schon als Erbe Pelés ausgerufen werden und übersetzt zugleich die Einschienenbahn heißen. In diesem Sinne: auf zum Zuckerhut...

 

Dienstag, 23. Juli 2013

Tag der »Hängesocke«

Was macht eigentlich, Frank Mill? Wie man so liest, führt der Weltmeister von 1990  inzwischen über 80 Fußballschulen und wird heute 55 Jahre alt. Es lässt sich daher leicht der Tag der »Hängesocke« ausrufen, wie Mill ob seiner einst lässig herabhängenden Stutzen genannt wird. Da macht es auch nichts, dass Mills Stiefel seit über 15 Jahren am Nagel hängen. Gleichwohl macht der gebürtige Essener im Fußball-Kosmos immer mal wieder von sich reden. So wurde etwa im Bundesliga-Jubiläumsjahr so mancher Anekdotenstrauß gern mit dem berühmtem »Pfostentreffer« des gelernten Floristen garniert. Jener Treffer, der eigentlich keiner war, gilt längst als leuchtendes Vorbild für alle Schüsse über, unter und neben leere Gehäuse.

In Anbetracht dessen verleiht der geschätzte Bloggerkollege Klaas Reese gar regelmäßig den Titel »Frank Mill desTages«, wenn einer dieser Fehlschüsse mit Mills ewigen »Pfostentreffer« mithalten kann. Was in jenem Sommer ‘86 genau passierte? Es war Mills Debüt im BVB-Dress, das ihn ins sonnige Münchner Olympiastadion führte. Dort dribbelte Mill zunächst Bayerns belgischen Torwartboliden Jean-Marie Pfaff aus und vollbrachte zum kollektiven Entsetzen das Kunststück, den Ball statt ins leere Tor gegen den Pfosten des Rekordmeisters zu schieben. In einem ZDF -Interview gestand Mill einmal, dass er es eigentlich seinem Kumpel Pierre Littbarski nachtun und den Ball »abklemmen« wollte. In Mills Worten gesagt:» Weit ausholen, dann den Ball nach innen legen, so dass der Bayernspieler, der von links kam, ins leere Tor fliegt.«


Doch Mills »Torheit« tat seiner Popularität keinen Abbruch - ganz im Gegenteil. Franky Mills hat sich vielmehr in den 80ern verewigt. Gern erinnern wir uns an seine Chuzpe, wie er weiland dem Hannoveraner Keeper Ralf Raps das Leder aus den Händen köpfte und -dieses Mal - ins leere Tor einschob. Mills BVB-Sturmpartner Nobby Dickel sagte einmal, Mill sei mit allen Abwässern gewaschen. Auch daran muss es gelegen haben, dass Mill für den BVB, Rot-Weiß Essen, Borussia Mönchengladbach und die Düsseldorfer Fortuna über 200 Treffer in über 500 Profispielen einnetzte. In seinem Düsseldorfer Karriereherbst gelang dies Mill unter Aleks Ristic zwar nicht mehr so oft wie gewohnt, doch immerhin wirbelte er dort mit der »kaiserlichen« Nummer fünf durch die gegnerischen Strafräume.

Wer weiß, vielleicht war die Wahl jener ruhmreichen Rückennummer eine kleine Verneigung gegenüber »Kaiser« Franz. Denn dank Teamchef Beckenbauer wurde der damals schon 32-jährige Mill in dessen 1990er WM-Kader berufen, weshalb Mill sich seither Weltmeister nennen und wie alle 90er Weltmeister den »Kaiser« duzen darf. Da stört es auch nicht weiter, dass „Hängesocke“ Mill bei jener Italia 90 genauso viele Einsatzminuten für sich verbuchen konnte wie der Kölner Libero Paule Steiner, die beiden Ersatzkeeper Raimond Aumann und Andy Köpke oder auch ein gewisser Günter Hermann - nämlich keine einzige.

Dennoch kam bis heute fast niemand auf die Idee, Mill in die stilbildende Hermann'sche Nische für WM-Reservisten einzuordnen. Entweder, weil Mill den Fußballgott anders als im Sommer’86 auf seiner Seite hat. Oder, es mag daran liegen, dass Mill bei der Italia‘90 für viele irgendwie doch stets mit von der Partie war. Wie schon gesagt, er galt halt als „mit allen Abwässern gewaschen“ - dieser schlitzohrige Franky Mill...

Samstag, 29. Juni 2013

Live und in Farbe

Oha, wie die Zeit vergeht! Etwas überrascht habe ich soeben bemerkt, dass dieser Beitrag der Einhunderste sein wird, nachdem Der Libero vor über zwei Jahren erneut aufs Feld geschickt wurde. Allerdings soll  nicht lange zurückgeschaut werden. Schließlich lässt Der Libero für manchen vielleicht etwas zu häufig mit leicht nostalgisch verklärten Blick Vergangenes aus dem Fußball-Kosmos Revue passieren. Vielmehr möchte ich ››Danke!‹‹ sagen.

Etwa bei meinen geschätzten Leserinnen und Lesern, die hier dann und wann oder gar öfter reinschauen - oder auch bei den Machern der Wissensplattform triviado.com, die diesen kleinen Blog aus der nostalgischen Nische der Fußballbloggenden doch tatsächlich zu den ››ultimativen deutschen Fußball-Webseiten‹‹ gezählt haben. Bedanken möchte ich mich selbstverständlich auch bei den bloggenden Protagonisten der Themenwoche ››50 Jahre Bundesliga - Typen, Titel und bloß nicht wie Tasmania‹‹, die vor einem Jahr mit der Jubiläumssaison startete. Es machten mit: Trainer Baade, Heinz Kamke ››angedacht‹‹, Uwe Strootmann ››Im Schatten derTribüne‹‹, Jannik Sorgatz ››Entscheidend is auf’m Platz‹‹, Carsten Pilger››FCSBlog 2.0‹‹, Carsten Koslowski alias Janus ››Janus kleine Welt‹‹ und Werder-Schalträger Udo M. Abgerundet wurde die Woche mit einem Ben Redelings-Interview. 
 
50 Jahre Bundesliga, das ist gewiss ein gutes Stichwort. Nahm sich dieses Jubiläum doch kürzlich der Tagesspiegel zum Anlass, um eine Expertenjury zu bilden, die dann die beste Elf aus fünf Jahrzehnten Bundesliga kürte. Löblich, diese Aktion. Doch besonders  von Interesse soll hier freilich sein, wen Jupp Heynckes und seine Jurykollegen zum besten Bundesliga-Libero gekürt hat. Es war natürlich, Franz Beckenbauer. Schließlich hat es kaum einen besseren gegeben als Beckenbauer, der den Libero mit federleicht anmutender Eleganz oft offensiv interpretierte. Sehen wir dem ››Kaiser‹‹ daher seine Zoten, Zitate und sonstigen Zwischentöne ausnahmsweise einmal nach. Gleichwohl möchte ich Elogen auf den ››Kaiser‹‹ nicht weiter vertiefen und überlasse dies DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, der dies im Tagesspiegel vortrefflich erledigte.
 
Eher möchte ich dem einstigen Kölner Bundesliga-Profi Thomas Cichon einige Zeilen widmen. Vor einer halben Dekade schien Cichon beim VfL Osnabrück sein Glück gefunden zu haben und gab dort einen wenig sprintstarken letzten Mann. Cichon, dem Toni Polster weiland in  Köln den kapitalen Kosenamen ››Franz‹‹ verpasst hatte, interpretierte den Libero meist als zurückhängenden Ausputzer mit ansprechendem Auge und einer Vorliebe für lange Diagonalpässe per Außenrist. Unvergessen sind ferner - in Köln wie in Osnabrück - Cichons gewichtige Gesten, denen  Manuel Andrack in seinem Buch Meine Saison mit FC gleich ein  Kapitel lang Tribut zollt.
 
Auf diese Weise hielt Cichon damals Osnabrücks fragile Abwehr in Liga Zwo und Drei irgendwie zusammen. Selbst wenn einige Lila-Weiße auf den Rängen der Bremer Brücke schier öfter aufstöhnten als in manchen Spielen Abseits gepfiffen wurde, da ihr letzter Mann wieder einmal nur die Hacken der gegnerischen Neun sah. Cichon kompensierte die aufbrandenden Brummeleien an der Bremer Brücke zumeist mit Strafstoßtoren, nach denen er sich absurderweise überaus ausgiebig auf dem Zaun der Osttribüne feiern ließ. Wie singt man noch im lila-weißen Kosmos des Traditionsklubs? Wir sind alle ein Stück -VauEffEll Osnabrück!
 
Leider ist obendrein noch immer diese unappetitliche Sache mit dem Wettskandal in der Welt, in dessen Zuge ››Franz‹‹ Cichon mehrfach belastet und letztlich angeklagt wurde. Doch um Cichon, dessen Stiefel längst am Nagel hängen,  als einen Ausputzer auf Abwegen soll es hier ausdrücklich nicht gehen. Eher darum, dass dieser ››Franz‹‹ Cichon der letzte waschechte Libero gewesen ist, den ich im Profifußball von einer Tribüne aus habe spielen sehen. Im Übrigen: Live und in Farbe.  

Samstag, 2. Februar 2013

Sie nannten ihn ››Bulle‹‹

In ihrer lesenswerten aktuellen Ausgabe küren die 11Freunde in einer  Galerie der Eisenfüße die 50 härtestesten Kicker der Welt. Beißer aus Britannien wie Vinnie Jones oder Billy Bremner, der irre Ire Roy Keane, die Axt Uli Borowka oder auch Iron Maik Franz  dürfen da nicht fehlen.

Alles soweit so gut für Freunde des robusten, archaischeren Kicks. In diese veritablen Top 50 der größten Grätscher konnten es da natürlich nicht alle Eisenfüße aus dieser weiten Welt des Fußballs schaffen: Terrier Berti Vogts,  Jürgen Kohler oder Knochen-Jochen Kientz sind etwa nicht vertreten. Auch nicht die Bayern-Legende Franz Roth. An Letzteren wird Der Libero nun, mal wieder ganz nostalgisch, erinnern.

Franz Roth, den nannten sie bei den Bayern nur Bulle. Gewiss, die glorreiche Zeit der Bayern in den 70ern war eng mit der Achse Maier-Beckenbauer-Müller verbunden. Doch jener Bulle Roth,  das heute 66-jährige Kraftpaket aus dem Unterallgäu mit dem knüppelharten Schuss, war auch stets mittendrin. Etwa, als Roth in gleich drei Europapokal-Endspielen entscheidend für seine Bayern traf. Man könnte glatt meinen, die Bayern hätten Roth zu Ehren sich einst Die Bullen genannt oder ihm den Slogan Die Bullen kommen gewidmet. Doch wie man so liest, ist dies keine wehmütige Tributbezeugung, daran war der Sponsor Magirus-Deutz der Bayern Anfang der 80er Schuld.

Paule Breitner sagte einmal über seinen Bazi Spezi, Roth habe eine irrsinnige Kraft und Wadl wie andere Oberschenkel gehabt. Und Bayerns Bulle sorgte offenbar nicht selten für schlotternde Knie. Angeblich verspürten Wolfgang Overath oder Günter Netzer gar tagelang Panik, wenn ein 90-minütiges Duell gegen jenen bajuwarischen Bullen bevorstand. Selbst dem juvenilen Uli Hoeneß machte der Bulle offenbar Bange, so dass Hoeneß sich an den Trainingsalltag der Bayern Anfang der wilden 70er einmal mit Schaudern erinnerte:
„Ich habe mir früher im Training Schienbeinschützer angezogen, weil ich wußte: Wenn der Franz 'Bulle' Roth sauer auf mich ist, dann fegt der mich auf die Aschenbahn. Das Training war für mich Überlebenskampf - und ich habe mich dabei wunderbar entwickelt.“
Seine Karriere ließ Roth übrigens unter anderem bei Casino Salzburg ausklingen. Aus wortspielerischem Blickwinkel tat die Bayern-Ikone dies in der Mozartstadt sicher gute 30 Jahre zu früh. Nomen est omen. Denn solch ein Bulle Roth stünde Casino Salzburgs gesichtslosem Nachfolgeklub Red Bull sicher nicht nur auf dem Spielberichtsbogen ganz gut zu Gesicht. Oder wie sagt man im Red Bull'schem Sprech? Freilich, Flügel verleihen...

In alternativer Fassung ist der Beitrag bereits in dem Fußball-Blog Thor Waterschei erschienen.
 

Sonntag, 6. Januar 2013

Da biegt sich die „Bananenflanke“

Manni Kaltz gehört zum altehrwürdigen HSV genauso wie die „Bananenflanke“ zu ihm selbst. Die ewige Sentenz von „Kopfball-Ungeheuer“ Horst Hrubesch haben wir natürlich im Ohr, die sein einstiges Wirken mit Manni Kaltz sozusagen flankiert: „Ich sach‘ nur zwei Worte: Manni Bananenflanke, ich Kopf - Tor“. Der Anlass für die Kaltz’sche Huldigung? Der „Bananenflankenkönig“ wird 60 und Der LIBERO gratuliert.

Was hat Kaltz bei seinem HSV nicht alles erlebt. Pinke Trikots, viele Eigen- und noch mehr Elfmetertore, Trainer von Kuno Klötzer, Ernst Happel bis Gerd-Volker Schock, Kevin Keegan, Flanken über Flanken. Und natürlich die Glanz & Gloria-Ära des HSV, als im Hamburger Volkspark  in den 70er und 80ern drei Meistertitel, zwei Pokalsiege und gar zwei Europapokaltriumphe gefeiert werden konnten. Bemerkenswert: bei jedem Titel des HSV seit der Bundesliga-Gründung war Kaltz mit von der Partie. Auch in der Nationalelf machte er den „Rothosen“ in 69 Länderspielen zumeist Ehre, wurde etwa 1980 Europameister und zwei Jahre später Vize-Weltmeister. 

1977, nachdem Franz Beckenbauer in der Nationalelf abdankt war, nahm Kaltz des Kaisers Position als Libero ein, erntete aber meist Skepsis. Selbst DER SPIEGEL fragte sich seinerzeit, ob Kaltz der richtige Nachfolger für Beckenbauer sei und damals zitierte einen gewissen Hennes Weisweiler. Der hatte geunkt, bei der kommenden WM 1978 werde man erkennen, dass Kaltz einen besseren rechten Verteidiger als Libero abgeben werde. Und der weise Weisweiler behielt recht: jenes Experiment bei der WM in Argentinien scheiterte. Spätestens, als der Österreicher Hans Krankl „Manni, den Libero“ vor seinem berühmten Cordoba-Tor ausgetanzte. Wie dem auch sei.

Ernst Happel dürfte sich im Grabe umdrehen, würde er miterleben, wie der „HaEsVau“ seinen Rekordspieler Manni Kaltz rund um dessen Jubiläumstag beehrt. Nämlich kaum,
da biegt sich förmlich die  „Bananenflanke“. Heute etwa ist auf der HSV-Homepage ein kompakter Gratulationsartikel zu erkennen, der mit 159 Wörtern (inkl. Überschrift) nicht mal so viele Wörter enthält wie Kaltz einst Bundesligaspiele absolvierte. Das waren stolze 581 in 19 Jahren, ausschließlich für den HSV.

Der Bundesliga-Dino verewigte Kaltz zwar auf dem Walk of Fame der HSV-Legenden rund um das einstige Volksparkstadion. Aber ansonsten? Von einer Geburtstagsgala ganz zu schweigen, hat Kaltz selbst bis heute noch immer kein Abschiedsspiel erhalten. Ebenso wird auch seine legendäre Rückennummer Zwo munter weiter vergeben. Ob der HSV seine neue Stadionuhr, die die ewige Bundesliga-Zeit des Dinos in der HSV-Arena anzeigt, demnächst nach Kaltz benennen könnte? Vermutlich: Fehlanzeige.
Was bleibt ist ein Interview, welches der als Schweiger bekannte Kaltz nun flankierend zu seinem Jubiläum gab. Dort analysierte er den Zustand seines HSV beinahe so messerscharf wie er weiland seine Flanken schlug: der HSV habe kein System und sei von einer Meisterschaft meilenweit entfernt. Auch da biegt sich die  „Bananenflanke“
Foto: der-libero.de