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Sonntag, 28. August 2011

Mit königsblauem Turban

Das donnernde Schlagzeilengewitter, welches sein literarischer Anstoßgeber ausgelöst hat, dürfte der Kapitän der Nationalelf und des FC Bayern vermutlich nicht erwartet haben. Gewiss hat sich der deutsche Fußball-Zirkus hiervon nicht gleich lahm legen lassen. Allerdings wäre in dem Sturm der Entrüstung, der sich in den letzten Augusttagen erhob, das folgende Kleinod der Europapokalunterhaltung beinah untergegangen.

Wer er es nicht mitbekommen hat. Schalke musste im Rückspiel der 4. Quali-Runde zur Europa League-Gruppenphase HJK Helsinki nach 0:2-Hinspielpleite beim finnischen Rekordmeister mit mindestens drei Toren Unterschied schlagen. Der WDR übertrug die Partie zur besten Sendezeit. Und wer reinschaute, sollte eine Reminiszenz an vergessen geglaubte Abende der guten alten Europapokalunterhaltung erleben. Ohne Brimborium, Kerner, Reklame oder das überflüssige „der UEFA-Cup ist der Pokal der Verlierer“-Palaver.

Schalkes Flutlicht brannte, die Schalker Spieler ebenso. Man sah, wie diese sich gegen das drohende peinliche Ausscheiden stemmten. Man sah den Holländer Huntelaar vier Mal einnetzen. Man sah am Ende des Abends den deutschen Pokalsieger gegen anfangs flinke Finnen 6:1 triumphieren. Man sah, wie sich Schalkes Señor Raúl trotz dieses treffend aufgelegten Huntelaars zum Helden dieses Abends aufschwang.

Wir erinnern uns, wie dieser weithin stille Señor Raúl kürzlich den Schalkern seine Zuneigung bekundet und damit sich ausbreitenden unangenehmen Wechselgerüchten einen Riegel vorgeschoben hatte. Doch dieser Señor Raúl wäre nicht Señor Raúl hätte er seinem Tribut an die sensible Schalker Seele nicht Taten folgen lassen. Der stolze Spanier holte in den 90 Minuten etwa den Elfmeter zum frühen Führungstreffer heraus und bereitete weitere zwei Tore vor.

Besonders magische Momente ereigneten sich etwa gegen Ende der ersten Hälfte. Da erschraken in der Arena zunächst 54.000 Schalker, als ihr Señor Raúl nach einem Zusammenprall mit blutigem Kopf vom Feld humpelte. Was folgte? Señor Raúl ließ sich nicht etwa auswechseln. Der feingliedrige Angreifer spielte mit einem Turban weiter. Mit einem königsblauen Turban versteht sich. Doch dem ward nicht genug.

Nach dem Pausentee erwarteten 21 Akteure auf dem Rasen den Wiederanpfiff. In Anbetracht der erlittenen Platzwunde spekulierte Kommentator Steffen Simon bereits über Señor Raúls Feierabend, weil dieser als einziger auf sich warten ließ. Doch da begann die zuvor ruhige Arena zu pulsieren. Denn Schalkes „Königlicher“ stürmte plötzlich samt seinem königsblauen Turban aufs Feld.  Steffen Simon verschlug es daraufhin kurz die Sprache, was nicht allzu oft passiert und in dem sich erhebenden Beifallssturm ohnehin unterging.

Señor Raúl wirbelte fortan aufopferungsvoll kämpfend weiter, als wäre ihm nichts geschehen und er Marc Wilmots höchstpersönlich. So manches Schalker Herz wird da ein wenig höher geschlagen haben. Man stelle sich vor: macht dieser Señor Raúl so weiter, errichten sie ihrem „königlichen Knappen“ auf Schalke womöglich noch sein eigenes Denkmal.

Ein Beobachter dieses Spektakels hat dies im Übrigen schon. Jari Litmanen, der selbst im biblischen Alter von 40 Jahren noch die Stiefel schnürt und besagte 90 Minuten auf Helsinkis Ersatzbank verbrachte. Das Denkmal zu Ehren von Finnlands bestem Kicker aller Zeiten, weiland mit seinem schleppenden Gang und Torriecher für Ajax Amsterdam, Barcelona und Liverpool auf den ganz großen Bühnen des Fußballs unterwegs, steht in seiner Heimatstadt in Lahti.

Die Spatzen pfiffen es an diesem Donnerstagabend vom Dach der Schalker Arena: derzeit werden vermutlich wenige auf die Idee kommen, Philipp Lahm im Gegensatz zu Señor Raúl oder Jari Litmanen ein Denkmal zu setzen. Ob das wohl die „feinen Unterschiede“ sind, die Lahm in seinem literarischen Anstoßgeber gemeint hat?

Sonntag, 22. Mai 2011

Neuer Pokalsieger

Schalke Fünfnull! Beim morgendlichen Anblick dieser Schlagzeile in der Sonntagszeitung könnte sich Carmen Thomas eventuell ein wenig verschluckt haben. Da drehten die in Pink kickenden „Königsblauen“ im gestrigen Pokalfinale gegen zahme Zebras des MSV Duisburg den legendären Versprecher der früheren Sportstudio-Lady doch einfach um.

Schalkes fünfter Finaltriumph dürfte nach einem turbulenten Saisonverlauf, der einer emotionalen Achterbahnfahrt gleichkam, lange in Erinnerung bleiben und dabei wie Balsam auf geschundene Schalker Seelen wirken: Abstiegsangst,Champions League-Halbfinale, Meisterschaft des BVB...

Nicht zuletzt der jüngst von Schalke-Urgestein Manuel Neuer verkündete Abschied, den so mancher bereits in Uwe Seelers Treuespur gesehen haben dürfte, brachte vielerorts das königsblaue Blut beinah zum Überkochen. In seinem vermutlich höchstpersönlichen Endspiel stand Neuer daher gestern ganz besonders im Fokus des Geschehens.

Als Neuer den güldenen DFB-Pokal leidenschaftlich in den Berliner Abendhimmel gereckt hat, könnte auch bei jenen so manche Träne heimlich verdrückt worden sein, die ihr Idol in den letzen Wochen angesichts seines kolportierten Bayern-Wechsels recht rüde an den königsblauen Pranger gezerrt haben. Neuers Pokalhochrecken hatte unweigerlich etwas von einem letzen Tribut an die Schalker Anhänger. Es roch nach Abschied.

Allein schon deshalb dürfte der Glanz des Schalker Pokalsiegs anno 2011 den der Triumphe in 2001 und 2002 überwiegen. Vielmehr könnte sich er sich auf einer Stufe mit Schalkes legendären 1984er Halbfinalkrimi bewegen, als sich ein gewisser Olaf Thon  mit seinen drei Toren beim 6:6 gegen die Bayern über Nacht einen Namen herbei schoss.

Olaf Thon wechselte übrigens Jahre nach diesem sagenhaften Pokalabend zum Rekordmeister, fand aber eine halbe Dekade später den Weg zurück in den königsblauen Kosmos. Warum sollte Neuer dies nicht eines Tages auch gelingen? Schaun’mer mal, wie viel dem FC Bayern letztlich die Dienste Neuers wert sein werden. Selbst bei einer spekulierten Ablösesumme von 20 Millionen Euro ist anzunehmen, dass Schalke hiermit bis zu Neuers Heimkehr adäquate „Übergangskeeper“ finden wird.

Apropos Ablöse. Zum Schluß soll Olaf Thon nochmals gewürdigt werden. Dem hängt ja hinterher, bei Auftritten in Funk und Fernsehen mal gern vom Ruhrgebietsidiom in den „professoralen“    T(h)on abzuschweifen. Ganz ohne offizielle Verhandlungsbefugnis ließ es sich dieser kürzlich in einer kicker-Kolumne nicht nehmen, Neuers Marktwert auf immerhin 100 Millionen Euro zu taxieren.

Allerdings waren ihm wohl beste Absichten zu unterstellen. Vor allem auf diesem Wege, alles für ein künftiges Schalke ohne Manuel Neuer zwischen den Pfosten herauszuholen. Vermutlich wird der Schalker „Professor“ schlichtweg das Ziel verfolgt haben, dass das Carmen Thomas‘sche Orakel eines steten Schalke Nullfünf nicht Realität werden lassen. Darauf ein kräftiges „Glück auf“.