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Samstag, 3. August 2013

»Wir sind eine Leidensgemeinschaft!«

Der 1. FC Saarbrücken,  bei dem einst Felix Magath und Andy Brehme die Stiefel schnürten, kickt derzeit in der 3. Liga. In der 1. DFB-Pokalrunde trifft das Gründungsmitglied der Bundesliga auf Werder Bremen. Die treuen Fans des FCS hoffen, wie schon im Sommer 2012, auf einen neuerlichen Pokalcoup im altehrwürdigen Ludwigsparkstadion.

Fans wie FCS-Blogger Carsten Pilger, der als eine Art  »Fußball-Kulturbeauftragter« seines Lieblingsklubs längst erstklassig ist und sich anlässlich des Pokalduells in der Rubrik »Der Libero fragt nach…« im Interview die Ehre gibt. Carsten spricht über die vorübergehende Pause seines FCS-Blogs, den FCS an sich, das ungleiche Pokalduell, die medienwirksame Göttinger Fan-Initiative »Glotze aus, Stadion!« und nicht zuletzt über seinen »ersten Helden« Karsten Hutwelker.

Hallo Carsten Pilger! »Wieder mal Geschichten, Erlebnisse und Kommentare zum FCS«. Was macht eigentlich das FCSBlog2.0?

Hallo Libero! Das Blog hat vor etwas mehr als einem Jahr die Arbeit wieder aufgenommen. Ich hatte selbst irgendwie beim Abschied im September 2009 vermutet, dass es vielleicht irgendwann wieder was ähnliches geben würde, aber mit jedem Jahr mehr eigentlich weniger daran geglaubt. Aber nach einem Jahr im Ausland und völliger FCS-Abstinenz war da auf einmal im Ausland wieder diese Stimme, die mir zurief, es sollte wieder ein Blog geben. Die Leser dürfen sich das wie bei Zinedine Zidanes Comeback in der Nationalelf vorstellen. Dort war es aber am Ende nur der Bruder, der was im Schlaf zuflüsterte. Angeblich!

Der FCS mischt nach zwischenzeitlicher Fünftklassigkeit seit 2010 in der 3. Liga mit. Zum Saisonende gewann der FCS zwar zum dritten Mal in Folge den Saarlandpokal, rangierte aber als Elfter nur im Niemandsland der Tabelle. Woran lag es?

Im Verbandspokal hat sich die Einstellung des Vereins gebessert. Die Spieler wissen, dass der DFB-Pokal wichtige Gelder bringt, also ist die notwendige Ernsthaftigkeit da. In der Liga lag meiner Meinung nach der Hase zum einen darin begraben, dass im ersten Jahr von Jürgen Luginger ohne Sportdirektor schon vor Beginn strategische Fehler gemacht wurden. Im Sturm verließ sich Luginger auf Marcel Ziemer als einzige Spitze – und der fiel zu Saisonbeginn gleich aus. Luginger hat generell immer mal wieder länger gebraucht, um die passende taktische Variante für sein Material zu finden. Deswegen gab es Anfang des Jahres auch vielfach Abstiegsängste. Ich muss ihm lassen, dass er aber immerhin irgendwann den Schalter umgelegt hat.

Der Saarbrücker Kader verzeichnete viele Abgänge, nach zunächst schleppender Spielersuche wurden zuletzt fast täglich Neuzugänge vermeldet. FCS-Präsident Paul Borgard kommentierte einige Transfers im kicker gar damit, »auch mal harte Hunde im Team haben zu wollen«. Welche Saarbrücker Kicker machen besonders Mut? Was ist für den neuformierten FCS in der neuen Saison drin?

Ich überspring mal die Frage, ob eher weiche oder harte Hunde wünschenswert sind. Mut machen weniger einzelne Kicker, als dass einerseits der Kader in der Breite verstärkt wird und vor allem im Sturm nun genügend Alternativen vorhanden sind. Das war meiner Meinung nach der Schwachpunkt der Vorsaison. Mit Thomas Rathgeber gibt es nun einen erfahreren Stürmer mehr. Und Maurice Deville ist allein schon aufgrund des jungen Alters und seiner Leistungsbilanz in der Regionalliga ein sehr interessanter Angreifer. Außerdem braucht es mehr Luxemburger im deutschen Fußball!

Zu großen Vorhersagen will ich mich nicht hinreißen lassen. Wenn dann mir eigentlich stets vernünftig erscheinende Zeitgenossen sagen »Mit dem Kader spielen wir um den Aufstieg mit!«, löst das bei mir eher allergische Reaktionen aus. Solche Aussagen vor Saisonbeginn taten dem FCS nie gut.

Am Sonntag gastiert in der 1. DFB Pokal-Runde mit Werder Bremen erneut ein Bundesligist im Ludwigspark. Wie stark schätzt Du Werder, auch in Anbetracht des Trainerwechsels von Thomas Schaaf zu Robin Dutt, ein?

Ich würde mir persönlich wünschen, dass Dutt vielleicht mal dem Ex-Saarbrücker Johannes Wurtz die Chance in der Bundesliga gibt. Vor Saisonbeginn hat er bereits den Profivertrag bekommen, vielleicht sehen wir ihn ja öfter!Sonst ist die Vorhersage eher schwierig. Nach Ende der Ära Rehhagel hatte Bremen mit dessen Nachfolgern auch erst einmal Pech. Dutt wird es definitiv nicht leicht haben, andererseits könnte ich mir vorstellen, dass Bremen auch weiter ein eher ruhiges Pflaster in der Bundesliga bleibt und er zunächst viel Kredit bei Fans und Verantwortlichen bekommt.

Was meinst Du, erlebt Werder wie in den beiden Sommern zuvor, dass der Pokal im Ludwigspark wieder einmal seine oft beschworenen »eigenen Gesetze« zeigt? Dein Tipp?

Bremen war ja in den vergangenen Jahren oft für dicke Blamagen gut. Wünschenswert wäre das aus meiner Sicht schon, da ich voraussichtlich die erste Pokalrunde verpassen werde und bei einem weiteren Spiel schon gerne im Ludwigspark noch einen Bundesligisten hätte. Der Trainerwechsel wird die Werderaner aber wohl zusätzlich anspornen.
 
 
Ich bin mal gespannt, wie viele Zuschauer den FCS im Ludwigspark anfeuern werden. Apropos anfeuern: Was hältst Du eigentlich von der kürzlich ins Leben gerufenen Initiative »GLOTZE AUS, STADION AN«? Bisher haben sich dieser viele zumeist viert- oder fünftklassige Traditionsklubs wie der VfB Oldenburg, Altona 93 oder Victoria Hamburg angeschlossen.

Drittligisten werden da wohl nicht reingehen, da sie befürchten, dass es als »Alleingang« bewertet wird, der ihnen bei Verhandlungen mit dem DFB und den Sendern um mehr Fernsehgelder Nachteile bringt. Deswegen wundert mich die eher kleine Liste von Regionalligisten oder Oberligisten nicht. Fördernswert ist das schon. Was mir inhaltlich bei der Kampagne fehlt, sind die Argumente. Ich lese dieses »Support your local club!«, aber objektiv betrachtet ist das für sich noch kein Argument. Höchstens bei uns Fußballromantikern. Der durchschnittliche Fußballfan ist nun mal - bedingt durch gesellschaftlichen Wandel - der Typ, der das Skyabo der Dauerkarte vorzieht und seinen einzigen Stadionbesuch im Jahr wie einen Pauschalurlaub durchplant. Dort liegen die potenziellen Stadiongänger - aber allein mit eher bittenden Parolen kommen die nicht.

Finale Frage: Der FCS feiert in diesem Jahr seinen 110. Geburtstag. Was ist für Dich das Besondere, das Anziehende, am FCS? Wer ist Dein ewiger Held?

Mein »erster Held« war Karsten Hutwelker, der Wandervogel und begnadete Allrounder. Wirkliche »Helden« brauche ich eigentlich nicht, mit meinen Freunden suche ich öfters mal zu Saisonbeginn einen Lieblingsspieler für die kommende Spielzeit – der nicht unbedingt der beste Torjäger sein muss! Da hatten wir schon einigen Spaß, mit Greg Strohmann, den wir gegen alle Widerstände immer wieder anfeuerten.

Aber eigentlich bleibt das Anziehende am FCS, dass es fast keine Helden gibt und so vieles doch nicht so rund läuft. Dieter Ferner ist sicher ein Held, aber auch das hat ihm weder gegen den DFB, noch gegen Kräfte im Präsidium geholfen. Wir sind eine Leidensgemeinschaft, aber gewiss eine, in der es immer mal wieder Hoffnung auf Besserung gibt.

»Der Libero« bedankt sich für das Interview.

Carstens FCS-Blog 2.0  ist laut Selbstbeschreibung »ein unabhängiges, kritisches, aber nicht vollends spaßbefreites Fan-Blog, das sich mit dem 1. FC Saarbrücken und dem Fußball im Allgemeinen beschäftigt« und wurde im Herbst 2012 von dem Magazin 11Freunde zum Blog des Monats ernannt. Daneben bereichtert Carsten Pilger die saarländische Fußball-Kultur mit dem lobenswerten FCS-Fanzine „Der Leuchtturm“ und war an der in diesen Blogwänden veranstalteten Themenwoche "50 Jahre Bundesliga - Titel, Tränen und bloß nicht wie Tasmania" beteiligt.

Donnerstag, 18. Juli 2013

Meppen Calling!

Was macht eigentlich, der SV Meppen? Lange ist es her, dass der ganz große Fußball im Emsländischen zu sehen war. Mittlerweile im dritten Jahr kickt die einstige Zweitliga-Trutzburg SV Meppen, die vor 15 Jahren aus Liga Zwo abstieg, in der viertklassigen Regionalliga Nord. Prominentester Meppener ist übrigens der Champions League-erprobte Stefan Wessels, der noch immer ein etwas ausschaut wie der britische Barde James Blunt und sich nach seinem Karriereende unter anderem als Torwartcoach im Meppener Trainerstab betätigt. Am Freitag spielen Oliver Kahns einstiger Vertreter und der  SVM indes eine nachrangige Rolle in der MEP-Arena, wenn sich dort Werder Bremen mit Ajax Amsterdam duelliert.

Foto: Der-Libero.de
Das riecht nach dem erwähnten ganz großen Kick, ist indes eines von vielen Vorbereitungspartien auf die neue Saison. Werder Bremen, das im Emsland viele Fans hat und als Partner des Meppener Jugendleistungszentrums fungiert, gastierte in Meppen bereits öfter und stand dort letztmals vor zwei Jahren Olympiakos Piräus gegenüber. Wie bei früheren Gastspielen in Meppen wurde Werder damals noch von Trainer-Legende Thomas Schaaf gecoacht. Dass ab sofort Robin Dutt mit der Raute auf der Brust Werders Elf antreibt, an dieses Bild werden sich gewiss noch einige der vielen Werder-Anhänger nahe der niederländischen Grenze gewöhnen müssen.

Auch Werders Kontrahent, Ajax Amsterdam, gastiert übrigens nicht zum ersten Mal in Meppen. Anno 1973 etwa stellte sich Hollands Rekordmeister dort erstmals vor, als die dortige Arena noch Hindenburg-Stadion hieß. Angeführt von seinen brillanten Johans Cruyff und Neeskens schlug Ajax seinerzeit, als amtierender Europapokalsieger der Landesmeister, die Gastgeber zwar glatt mit 4:0, der SVM sich hingegen überaus achtbar. 1987 beehrte Ajax mit Cruyff als Trainer erneut das Meppener Stadion anlässlich des 75. Vereinsjubiläums des SVM. Mancher meint zwar, Ajax habe den Glanz dieser Jahre allmählich verloren. Doch fast drei Dekaden später stehen mit Chefcoach Frank de Boer und seinem Assistenten Dennis Bergkamp zwei weitere Ajax-Legenden an der Seitenlinie.Und das Tandem ist wie einst auf dem Rasen hoch dekoriert, errang erst im Mai den 32. niederländischen Meistertitel und damit den dritte Meisterschaft in Folge.

Für den Test gegen Werder wird Ajax diverse hochtalentierte Kicker im Gepäck haben - wie sich das halt für die gute, alte Ajax-Schule so gehört. Stars von De Boers Ajax-Eleven sind der dänische Mittelfeldkomet Christian Eriksen, der Belgier Toby Alderweireld oder Kapitän Siem de Jong, seines Zeichens älterer Bruder des Gladbachers Luuk. Beim dritten Ajax-Auftritt in Meppen fehlt eigentlich nur noch der inzwischen 65-jährige Johan Cruyff, dessen nostalgischer Geist während der 90 Minuten auf den Meppen Rängen sicherlich vielfach beschworen werden dürfte.


Doch wer weiß, vielleicht taucht „König“ Johan - augenzwinkernd gesagt - auch urplötzlich auf der Alten Tribüne des einstigen Hindenburg-Stadions auf. Dort auf den Sitzplätzen des Oberrangs, wo so mancher Meppener Senior seinen angestammten Platz hat und die Heimspiele bei Pilsken und Bratwurst verbringt. Also, Johan: Meppen Calling! So weit ist der Weg von Amsterdam ins Emsland schließlich auch nicht…

Samstag, 4. Mai 2013

ALLEz GRÜN!

Werder steht nach zehn sieglosen Spielen das Wasser bis zum Hals. Drei Spieltage vor dem Saisonende ist Werders weiland üppiges Polster auf den Relegationsrang auf zwei Pünktchen und five points auf den ersten Abstiegsrang geschmolzen. Zeitweise kann man sich daher als Werder-Daumendrücker vor nett gemeinten Hinweisen kaum retten, wonach Werder und damit einem selbst bald Montagabends stets ein Livespiel garantiert sei. Bei manch spöttelndendem HSV-Fan hilft zwar dann und wann noch immer ein Papierkugelwurf, doch so ist das halt....

Rund um das Weserstadion machen sich daher nicht etwa Auflösungserscheinungen breit. Denn hinter Schaafs strauchelnder Herde steht, wie diese Tage unzweifelhaft, zeigen eine grün(-weiße) Wand. Dies begann offenkundig in Leverkusen, als Werders Kicker und Thomas Schaaf während und nach der dortigen Niederlage von den mitgereisten Werderanern frenetisch unterstützt und gefeiert wurden. Ich habe es schon kürzlich geschrieben, nicht nur ein Hauch von ››You'll never walk alone‹‹ nach Werder-Art wehte am diesem Samstag durch die BayArena.

Doch, es wird noch besser! Das wunderbare Werder-Blog «Worum» startete nun die Initiative «ALLEz Grün!». Alle Werder-Fans sind dazu aufgerufen, in den beiden Abstiegsendspielen heute gegen Hoffenheim sowie am nächsten Samstag gegen Eintracht Frankfurt im Weserstadion grüne Kleidung zu tragen, um Werders Arena in ein grün(-weißes) Farbenmeer zu verwandeln. Tradition allein schützt bekanntermaßen vor Abstieg nicht, Zusammenhalt schon.


Dieser famosen Aktion, die derzeit allerorten ihre verdiente Würdigung findet, schließe ich mich als langjähriger Werder-Fan gerne an. Wie man vielleicht erkennen wird, erscheint «Der Libero» daher seit gestern weitaus grüner als zuvor, das heißt: mit grünen statt schwarzen Post-Überschriften und auch die blaue Farbe im  Logo sowie in der Navigationsleiste wurde (zumindest bis zum Saisonende) durch grüne ersetzt. Dazu ist das Aktionslogo nun ebenso in der Seitenleiste zu finden. Denn grün ist die Hoffnung! Also an alle Werder-Fans, Kutten-und Schalträger oder Daumendrücker: unterstützt Werder und bekennt Farbe!

Bevor ich diesen Beitrag schließe, möchte ich noch kurz zurückschauen. Zum einen auf ein mögliches gutes Omen für die Partie gegen Hoffenheim. Denn vor 25 Jahren, also am 3. Mai 1988, errang Werder dank eines 1:0-Triumphes bei der Frankfurter Eintracht die erste Deutsche Meisterschaft unter Otto Rehhagel.

Zum anderen soll nun Rehhagel höchstpersönlich mit einer seiner angestaubten Weisheiten zitiert werden, die sich dank ihrer Zeitlosigkeit wunderbar auf Werders Situation und die erwähnte tolle Initiative übertragen lässt. König Otto sprach ehedem:

„Wenn ich heute Kapitän bin und das Schiff sinkt, müssen alle helfen. Dann kann doch der Koch nicht kommen und sagen: 'Ich kann nur die Bratpfanne halten.“

Jawoll Otto, recht hast Du! In diesem Sinne: «ALLEz Hopp!», ähm, «ALLEz GRÜN!»


Weitere Texte über Werder lesen? Hier gehts in die Werder-Ecke...

Sonntag, 28. April 2013

››You'll never walk alone‹‹ nach Werder-Art

Wann wird Werder wieder wunderbar? Noch nie holte Werder nach 31 Spieltagen weniger als die aktuell errungenen 32 Punkte, ganze zwei Zähler sind es noch zum Relegationsplatz. Dank der ärgerlichen 0:1-Niederlage in Leverkusen, begünstigt durch einen fragwürdigen Elfmeter, ist Werder mittlerweile seit zehn Partien ohne Sieg. Mittlerweile dürfte wohl jeder Werderaner den zweiten Bundesligaabstieg seit 1980 so heftig fürchten dürfte wie ein HSV-Anhänger die schmerzliche Erinnerung an eine gewisse Papierkugel.

Doch anstatt zu pfeifen oder sich in wütende Schmähungen zu ergehen, feierten die mitgereisten gut 3.000 Werder-Fans Schaafs Elf und Schaaf selbst bis weit nach dem Abpfiff mit Sprechchören in Dauerschleife  a la ››Olé, olé, Werder Bremen, olé!‹‹. Das führte dazu, dass die strauchelnden Werder-Kicker, die zuvor aufopferungsvoll gekämpft hatten, und Schaaf fast eine Stunde nach Spielende noch einmal aus der Kabine in die Kurve liefen und sich vor ihrer singenden Wand in grün-weiß klatschend verneigten. Es hatte jedenfalls etwas von ››You'll never walk alone‹‹ nach Werder-Art.


Kicker Online erkannte in den Ereignissen gar einen ››Grün-weißen Klima-Wandel‹‹, während auf der Werder-Webseite sich hingegen etwas von einem ››Grün-weißen Schulterschluss‹‹, lesen lässt oder dass es ››Klick‹‹ gemacht habe. Rechtzeitig vor den finalen Saisonpartien gegen Hoffenheim und Frankfurt im Weserstadion sowie in Nürnberg scheinen die die Grün-Weißen also ihre Reihen zu schließen.

In diesen drei Abstiegsendspielen wird Thomas Schaaf, dessen Denkmal nach 14 Trainerjahren zuletzt gewaltig gewackelt hatte, wieder vor Werders Bank stehen. Dank dieses kollektiven Leverkusener Erweckungserlebnises sollte man  Werder trotz des bedrohlichen Abwärtstrends wohl noch nicht zu früh abschreiben. Kleinere oder größere Wunder haben an der Weser bekanntlich eine ähnliche Tradition wie die Nibelungentreue zum Cheftrainer.
 

Sonntag, 21. April 2013

Quo vadis, Thomas Schaaf?

Werder-Daumendrücker, Nostalgiker der Wunder von der Weser und Jünger von Thomas Schaaf erleben in dieser 50. Bundesligasaison lange ungekannte emotionale Achterbahnfahrten. Im ansonsten weithin behaglichen Werder-Kosmos überschlagen sich geradezu die Ereignisse. Abstiegsangst und eine Gruppe von elf Einzelspielern mit einem Werder-Emblem auf der Brust, über die nach neun sieglosen Spielen nun so manch werderaffiner Twitterer postet:

Bei fünf Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang vor noch vier ausstehenden Spielen bot der lange schon ratlos wirkende Thomas Schaaf nach der gestrigen 0:3-Heimpleite gegen den VfL Wolfsburg nicht nur seinen Rücktritt an.

Laut der WELT soll Werders Klubführung, allen voran Schaafs großer interner Fürsprecher Klaus-Dieter Fischer, den Daumen zu Ungunsten Schaafs nun gesenkt und die in diesem Leben für unmöglich gehaltene Erlaubnis zum Rauswurf von Werders Trainer-Ikone erteilt haben.

Gemäß dem Fall kann man nur hoffen, dass Willi Lemke und seine altvorderen Aufsichtsratskollegen nicht Thomas Eichin beauftragen, Otto Rehhagel als neuen und alten Heilsbringer aus dem Hut bzw. Ruhestand zaubern. Hertha ginge es wirklich nicht.

Mensch, hätte der einst heilige Thomas Schaaf weiland doch auf Werders Edelfan Jan Delay gehört. Delay hatte bereits vor einem Jahr in der Bremer Talkshow 3 nach 9, die übrigens noch länger im TV läuft als Otto Rehhagel und Schaaf Werders Trainerzeptner in Händen gehalten haben, folgenden Appell an Schaaf über den Äther geschickt:

Sonntag, 27. Januar 2013

Bratseth auf dem Bügel

Werder versus Borussia Dortmund: 0:5! Es war eine hilflose Bremer Herde, die Thomas Schaaf und Werder den Rückrundenstart Samstag vor einer Woche so richtig verhagelte. Die Verteidigung von Werders Boss Willi Lemke stand da tags darauf im Doppelpass gegenüber Jörg Wontorra, dem alten Werder-Tribun, und seiner Runde etwas besser.

Dort verteidigte Lemke mit Engelszungen und dunkelgrüner Krawatte seine Vereinspolitik und als eine Art Ein-Mann-Bollwerk den ewigen Thomas Schaaf. Nebenbei erinnerte Lemke den grinsenden Wonti an die guten, alten Bremer Tage der Otto-Rehhagel-Ära in den 80er und 90ern. Wontorra kommentierte seinerzeit Werders Partien noch in bizarren bunten Pullovern als Radio Bremen-Reporter. Willi Lemke war als Manager damals Ottos Verhandlungsreisender, um dessen Wunschspieler an Land zu ziehen.

So wie Werders legendären norwegischen Innenverteidiger Rune Bratseth, den Lemke nach eigenen Angaben für eine läppische Ablöse von 200.000 Mark von Rosenborg Trondheim an die Weser gelotst hatte und den er in Wontis Runde in nostalgischer Nonchalance gleich zu einem „der Weltbesten seiner Zeit“ adelte. Bratseth, zuletzt gar als Allofs-Nachfolger im Gespräch, war maßgeblich an den großen Erfolgen der Otto-Ära beteiligt: Zweimal Meister und Pokalsieger und anno 1992 gar Gewinner des Europacups der Pokalsieger.


An der Weser nannte man Bratseth den „Abwehr-Elch“. Bratseth zeichnete sich zwar nicht unbedingt durch Sprintstärke aus, dafür aber durch eine umsichtige, ruhige Spielweise. Taktisches Vermögen, gutes Kopfball- und Stellungsspiel sowie Führungsstärke rundeten das Portfolio von Ottos einstigem Abwehrchef ab. Als Werder-Daumendrücker habe ich übrigens in nostalgischem Gedenken an der einst von Otto proklamierten „kontrollierten Offensive“ seit Langem ein Bratseth-Trikot mit der obligatorischen Numero 4 auf dem Bügel hängen.

Gerade nach Werders Rückrundenauftakt und vor dem Gastspiel beim HSV scheint es mir mal wieder angebracht, es aus dem Schrank zu holen. Gewiss, solch ein ruhender Pol wie Bratseth würde Werders dümpelnder Defensive auch im Nord-Derby gut zu Gesicht stehen. Werder scheint zwar längst zum Angstgegner des Bundesliga-Dinos avanciert zu sein. Nach der bösen BVB-Pleite darf man aber vermutlich nicht unbedingt erwarten, dass dieser Schrecken weiterhin wirkt. Hoffnung macht da augenzwinkernk gesagt fast nur, dass Werder selbst in der letzten Saison beim HSV triumphierte, als Werder seine schlechteste Rückrunde ever hinlegte...

Als jener Bratseth vor 20 Jahren noch Werders „Abwehr-Elch“ gab, gelang es einmal, die Erben von „Uns Uwe“ mit 6:0 in die Knie zu zwingen und einen Spieltag später gar dem FC Bayern die Meisterschale vor der Nase wegzuschnappen. Etwas ältere Werderaner dürften sich daran sicher gern erinnern, auch wenn jene schöne Zeiten  längst vorüber sind. Doch ich gebe zu, an den tristen Tagen dieses Bremer Umbruchs ist es ganz wohltuend, wenn man diesen Spielfilm im nostalgischen Kopfkino immer wieder ablaufen lassen kann… 

Foto: der-libero.de 

Samstag, 24. November 2012

Alle Augen auf den neuen Leitwolf

Ja, Thomas Schaaf und Klaus Allofs gehörten 13 lange Jahre zu Bremen wie die vier Stadtmusikanten. Allofs ist bekanntlich fortgezogen, wechselte spektakulär uzum VfL Wolfsburg und war deshalb in den letzten Wochen in aller Munde. Nach 13 Jahren im Werder-Kosmos fungiert Allofs dort seit Kurzem als Geschäftsführer Sport. Wohl nicht wenige "Wölfe" heulten vor Freude auf.


Keine zwei Wochen nach seinem Wechsel kommt es bereits zum Wiedersehen. Fürwahr, der Spielplan ist bisweilen gnadenlos. Denn Werder gastiert heute um 15.30 Uhr beim VfL. „Wir spielen nicht gegen Klaus Allofs, sondern gegen den VfL Wolfsburg“, diktierte Schaaf dem kicker zwar den brisanten Ball flach haltend in den Block. Dennoch heißt es heute: alle Augen auf Allofs! Wie übrigens auch hier beim Libero, der zehn Dinge über den neuen Leitwolf des VfL zusammengetragen hat…

1. Es war im Spätsommer 1975, als Allofs im Dress von Fortuna Düsseldorf sein Bundesligadebüt feierte. Gegner war seinerzeit Wolfsburgs Nachbar Eintracht Braunschweig. Der VfL Wolfsburg kickte damals nach einem Abstieg aus der 2. Bundesliga in der Oberliga Nord.

2. Sechs Jahre später avancierte Allofs zum teuersten Transfer der Bundesliga, als ausgerechnet der 1. FC Köln den gebürtigen Düsseldorfer für sage und schreibe 2,25 Millionen DM (!) verpflichtete.

3. Neben den beiden rheinischen Traditionsklubs stürmte Allofs Anfang der 90er für Werder Bremen. Ein gewisser Otto Rehhagel hatte seinen früheren Düsseldorfer Schützling nach einer dreijährigen Stippvisite in Frankreich bei Olympique Marseille und Girondins Bordeaux im reifen Alter von 33 Jahren in die Bundesliga zurückgeholt.

4. Insgesamt erzielte Allofs für diese drei Klubs in 429 Bundesligaspielen 177 Treffer und rangiert gemeinsam mit Dieter Müller auf dem 7. Rang der ewigen Torschützenliste - gleich zweimal (1979, 1985) wurde er Bundesliga-Torschützenkönig. Ebenso wie 1989 sein oft nicht minder torgefährlicher Bruder Thomas, der ebenso wie sein großer Bruder sowohl für die Düsseldorfer Fortuna und den Effzeh die Stiefel schnürte.

5.  Neben seiner kapitalen Torquote kann Klaus Allofs eine weitere beachtliche Bilanz vorweisen. Mit jedem seiner deutschen Klubs erreichte er ein Europapokalfinale, mit Düsseldorf anno 1979 das Endspiel des einstigen Pokalsiegercups, in welchem die Fortuna gegen den FC Barcelona mit 3:4 verlor. Im UEFA-Pokal-Endspiel 1986 unterlagen Allofs und der 1. FC Köln Real Madrid. 1992 triumphierte er dann mit Werder und steuerte gar einen Treffer zum 2:0-Finalsieg über den AS Monaco  bei.

6. Als Werder-Kicker wurde er überdies Meister und DFB-Pokalsieger. Was den DFB-Pokal angeht, war Allofs im Übrigen ein regelrechter Spezialist und errang diesen mit Köln und Düsseldorf ebenfalls drei Mal. Ganz zu schweigen von dem französischen Double, das er anno 1989 mit Marseille feierte.

7.  Selbstverständlich trug Allofs auch den Adler auf der Brust, absolvierte ehedem 56 Länderspiele und avancierte gar 1980 zum Europameister. Die Lorbeeren des Torschützenkönigs bei dieser italienischen Euro durfte sich Allofs dank dreier Treffer ebenso umhängen, nachdem er diese während einer höchstpersönlichen Sternstunde allesamt den Niederlanden in der Vorrunde eingeschenkt hatte.

8. Jene Treffsicherheit wurde Allofs auch lange als Manager von Werder Bremen nachgesagt, indem er etwa weithin unbekannte Kicker zumeist kostengünstig an die Weser lotste, die dann bei Werder groß herauskamen. Allen voran werden hier oft die Herren Micoud, Diego oder Özil genannt. Fast vergessen werden an dieser Stelle leider fast genauso oft die fabulösen Verteidiger Mladen Krstajić , Valerien Ismael oder Naldo, die Allofs entdeckte.

9.  Im Oktober 1999 begann Allofs bekanntlich seine Karriere als Werder-Manager, die mit von einer polemischen Prophezeiung begleitet wurde. Max Merkel, seinerzeit messerscharfer BILD-Kolumnist, traute ihm damals nicht einmal zu, in der freien Wirtschaft einen Job als Parkplatzwächter zu übernehmen. Hiervon dürfte sich der autoaffine VfL Wolfsburg fast eineinhalb Jahrzehnte später wohl weniger beeinflussen lassen haben.

10.  Für den Fall, dass Allofs in der Autostadt zum ersten Mal in seiner Managerkarriere einen Trainer entlassen müsste. Ein eigenes Abenteuer auf der Trainerbank dürfte sich der 55-Jährige gewiss ersparen. Denn ein halbes Jahr vor Beginn seiner Managerkarriere bei Werder hatte ihn seine alte Liebe Fortuna Düsseldorf als Cheftrainer entlassen. Allofs Schützlinge hatten zuvor sage und schreibe zehn Spiele in Folge verloren und waren Schlusslicht der 2. Liga. Lang, lang ist dies her…