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Montag, 15. Juli 2013

Made in Ireland

Da ist sie die Sommerpause! Täglich surrt der Transferticker. Täglich und in hohem Takt bereiten sich auch die Bundesliaklibs auf die neue Saison vor, hecheln mit oder weniger Pep durch ihre Trainingslager, Testspiele und Blitzturniere, bis es Anfang August mit der 1. Liga endlich wieder losgeht. Da die zweite und dritte Liga bereits am kommenden Freitag starten, scheint die sagenumwobene Sommerpause fast schon wieder überbrückt.

Falls man sich bis dahin mal kurz den Kick woanders holen möchte, empfehle ich Irland. Denn auf der Grünen Insel wird die Saison wie in weiten Teilen Skandinaviens im Kalenderjahrmodus ausgespielt.  Denn die höchste irische Spielklasse, die  eigentlich League of Ireland Premier Division heißt und mittlerweile dank der gütigen Unterstützung eines Windparkbetreibers aus Dublin als Airtricity League auftaucht, hat tatsächlich ihren eigenen Thrill. Tippt man etwa auf einen Ligaspieltag, dann kann plötzlich ein 4:4-Remis der Bray Wanderers beim Limerick Football Club von Belang sein. Fernab von Giovanni Trapattoni, Roy und Robbie Keane fühlt sich der Blick auf die „irische Sommerliga“ dann wie ein abenteuerlicher Abstecher an.

Will man sich parallel ein paar Informationen ergoogeln und sucht nach den Stichwörtern „Irischer Fußball“, stößt sofort und etwas überraschend auf den „Blog zum Irischen Fußball“. Denn dieses  Kleinod irischer Fußball-Kultur ist nicht nur deutschsprachig und lesenswert, sondern obendrein - made in Ireland. Wie eine Art bloggender Korrespondent berichtet Blogchef Florian Christoph aus Dublin in losem Takt unter anderem über irische Fußballromantik, Stürmerveteranen im dritten Frühling oder schreibt ansprechende Saisonvorschauen und Analysen. Löblicherweise stellt er seinen hopperaffinen Lesern dazu die Grounds von der ››Grünen Insel‹‹ vor.

Ebenso kann es vorkommen, dass auch die neuen Auswärtstrikots Cork Citys als Thema am Rande gestreift werden, was die Herzen einzelner Trikotnerds durchaus höher schlagen lassen könnte. Cork  City: nebenbei gesagt ist dies jener südirischer Klub, der dem deutschen Rekordmeister- und pokalsieger mit seinem  1991er Jahrgang um Hansi Pflügler, Mazinho und Stefan Effenberg weiland fast in der 1. UEFA-Pokal-Runde ein Bein gestellt hat. Weitgereiste Bayern-Fans wie der werte FernglasFCB-Blogger werden sich vielleicht vage erinnern.


Irland Rekordmeister – und pokalsieger sind indessen die Shamrock Rovers, die stolze 17 Meistertitel und 24 Pokalsiege in ihren Annalen verbuchen können und aufgrund ihrer grün-weißen Kluft weniger an die Bayern als verdächtiger an Celtic Glasgow erinnern. Jene Shamrock Rovers, die wie fast die Hälfte der zwölf irischen Erstligisten in Dublin beheimatet sind,  können sich, wie unser irischer Fußball-Korrespondent auf dem Facebook-Seitenarm seines Blogs informiert, gar über eine neue Anzeigetafel freuen. Weniger erfreulich ist für Irelands Number One indes, dass die Shamrock Rovers ihren Fans anno 2013 keinen Europapokalfußball bieten können, da Irlands Rekordmeister in der 2012er Saison als Vierter den Sprung nach Europa um ein Haar verpasste.

In der Tat, da mag man sich gar nicht ausmalen, wie sich die bajuwarische Plattentektonik verschieben würde, wenn dem deutschen Rekordmeister einmal Derartiges wiederführe. Zuletzt passierte so etwas ausgerechnet am Ende jener unglückseligen Saison 1991/92, als die Bayern im längst beerdigten UEFA-Pokal bei Cork City angetreten waren... 

Sonntag, 18. November 2012

Über Ur-Schreie in die Nachbarschaft

André Zechbauer ist seit der Saison 1976/77 Anhänger des FC Bayern München und seit 1987 Bayern-Mitglied. Nach Jahrzehnten auf Fußballtribünen im In- und Ausland, beobachtet er die Geschehnisse rund um den Rekordmeister mittlerweile durch die Fernglasperspektive. Und das macht er seit mehr als vier Jahren kritisch und pointiert in seinem Blog »Fernglas FCB«.

Wie der FC Bayern-Experte den bisherigen Saisonverlauf seines Lieblingsklubs einschätzt oder was er etwa von dem Duo Jupp Heynckes/Matthias Sammer oder Javi Martinez hält? Der Libero hat  nachgefragt und der FCB-Blogger stand Rede und Antwort…
 
1. André, die erste Frage ist wohl unvermeidlich. Das „Finale dahoam“ ist nun einige Monate her. Ist es Dir eigentlich mittlerweile gelungen, es zu verdauen?  Und war es Dein schlimmstes Erlebnis als Bayern-Fan?

Ich habe während des Spiels natürlich viel geflucht, diverse Ur-Schreie in die Nachbarschaft gebrüllt und ab der Halbzeitpause durchgehend gestanden, aber erstaunlicherweise hatte ich die Niederlage relativ schnell verarbeitet. Schon einen Tag später habe ich das Ganze ziemlich nüchtern analysieren können. So bitter es ist, aber in diesen Spielen zählt: Keine Fehler machen und die Fehler der anderen Mannschaft gnadenlos ausnutzen zu können. Das war 1975 so, als wir – schmeichelhaft ausgedrückt - „sehr effektiv“ Leeds United schlugen; das war 1987 in Wien und 1999 in Barcelona so – und so war es eben auch in München im vergangenen Mai.

Mich hat vor dem Spiel schon gestört, dass kaum jemand von Chelsea sprach, sondern nur vom „Finale dahoam“ – die Fokussierung auf Chelseas Stärken fehlte mir in der öffentlichen Wahrnehmung.

Meiner Meinung nach hatte Jupp Heynckes, so sehr ich ihn schätze, großen Anteil an der Niederlage. Vor einem solchen Spiel musst du Elfmeter trainieren – und sei es nur für die Psyche. Außerdem müssen die Schützen festgelegt, nein – in Stein gemeißelt, sein. So ein Abwehrfehler wie vor dem Ausgleichstreffer Drogbas darf nicht passieren, wenn Du gut auf den Gegner vorbereitet bist. Schon gar nicht zwei Minuten vor Ende der Partie. Das alles hat nicht gestimmt und wäre durch exzellente Vorbereitung zu verhindern gewesen. So gewinnt man dann eben auch kein Finale in der Champions League. Wer weiß das besser, als wir Bayern?!

Mein schlimmstes Fußball-Erlebnis war das Finale 1999 gegen Manchester United – und das wird es wohl auch bleiben. Zum einen weil ich damals im Stadion war, zum anderen weil ich bis zu diesem Spiel schon zwei Jahrzehnte auf einen Titelgewinn in der Königsklasse hin gefiebert und die Schmach von Wien im Jahr 1987 im Prater-Stadion miterlebt hatte.

2. Die aktuelle Saison läuft für die Bayern bisher überaus glänzend, der Name Deines Blogs steht wieder symbolisch für den Abstand zu den Verfolgern. Was meinst Du, was springt am Ende der Saison für die Bayern heraus und welche Rolle spielt dabei Borussia Dortmund?

Am Ende sind wir Meister und hoffentlich auch Pokalsieger. Die Champions League ist die große Unbekannte, aber ich hoffe in London 2013 dabei sein zu können.

Natürlich ist Borussia Dortmund aufgrund des Spielerpotenzials und der Spielweise neben Bayern das Top-Team der Liga, auch wenn Schalke seit Beginn der letzten Saison enorm konstant auf hohem Niveau spielt. Der Unterschied zum letzten Spieljahr ist aber, dass nicht wir sondern die Dortmunder hin und wieder schwächeln. Schalke hat einfach das Pech ausgerechnet in ihrer stärksten Phase zwei bärenstarke Konkurrenten erwischt zu haben. Am Ende hoffe ich nur, dass sich die deutschen Teams nicht in der Champions League begegnen – das ist immer undankbar für alle Beteiligten. Ein Selbstläufer wird allerdings auch diese Meisterschaftssaison nicht.

3. Maßgeblich am erfolgreichen Saisonverlauf beteiligt ist Cheftrainer Jupp Heynckes. Wie beurteilst Du seine Zukunft an der Säbener Straße und die Zusammenarbeit mit Matthias Sammer?

Im Moment läuft alles großartig und dann sind alle Seiten immer gerne bereit, Verträge zu verlängern. Bayern braucht aber eine langfristige Alternative zu Heynckes, aufgrund seines Alters. Ich habe nichts gegen zwei weitere Jahre mit ihm, aber nach ihm sehe ich nur Top-Leute wie Mourinho oder meinen Favorit Pep Guardiola. Beide passen exzellent zum FC Bayern. Klopp, Fink, Babbel, Tuchel oder auch Slomka sehe ich da einfach nicht.

Was das Duo Sammer-Heynckes angeht, wird viel geschrieben und hinein interpretiert. Ich will nicht rumfloskeln, aber wichtig ist doch nur dass alle am gleichen Strang ziehen, weil alle das Gleiche wollen. Matthias Sammer ist mit seiner Einstellung und Akribie beim FCB genau richtig.

4. Heynckes Vorgänger, der heutige Bondscoach, Louis van Gaal sorgte zuletzt mit seinen Aussagen über die vermeintliche Allmacht von Uli Hoeneß für einige Kontroversen. Welche Sicht der Dinge hast Du?

Van Gaal ist in sein Spiegelbild verliebt, so wie Narziss – nur war Narziss vermutlich schöner als Louis van Gaal. Wenn jemand unbelehrbar und wenig kritikfähig ist, wird es mit der Bayern-Führung und gerade mit Uli Hoeneß schwierig. Hoeneß hat sich damals für die Mannschaft und gegen van Gaal entschieden. Etwas anderes konnte er auch gar nicht tun. Natürlich ist Hoeneß aufgrund seiner Leistungen für den Verein auf eine gewisse Weise allmächtig, aber van Gaal war eben nur Trainer – da muss man sich auch unterordnen können und kompromissbereit sein. Ich bin kein Freund von solchen Nachtretereien über die Medien, aber van Gaal ist in seinem Stolz verletzt – da waren seine jetzigen Aussagen durchaus zu erwarten. Schade, wir hatten auch viel Spaß mit ihm.

5. Lass uns über kostspielige „Premiumtransfers“ sprechen.  Javi Martinez ließen sich die Münchner bekanntlich gute 40 Millionen Euro kosten. Wie bewertest Du den Transfer und den bisherige Rolle des Basken bei den Bayern?

Ich betrachte den Transfer nicht nur über die Ablösesumme – der Spielertyp Martínez ist für den Verein extrem wichtig. Er hat angedeutet, was er alles kann – und ich fand das sehr beeindruckend. Seine Zeit wird noch kommen, aber man muss schon genau hinsehen um seine Qualität einordnen zu können: Nerven- und Zweikampfstärke, Ballbehauptung, Raumgefühl – und er kann fantastische Pässe schlagen. Die Qualitätsdichte im defensiven Mittelfeld ist mit ihm besser geworden, das zwingt Gustavo und auch Schweinsteiger zu Top-Leistungen.

Ganz abgesehen davon glaube ich, dass der Transfer auch eine „politische“ Bedeutung hatte. „Sehr her, wir Bayern können da auch mithalten und müssen nicht mal Schulden machen“ – das ist eine Zäsur zu bisherigen Transferperioden. Es zeigt den anderen Top-Klubs und Top-Spielern: Bayern ist endgültig ganz oben angekommen. Sportlich und wirtschaftlich gibt es da ohnehin keinen Zweifel mehr.

 
6. Im Rückblick auf Deine ganzen Jahre als Bayern-Daumendrücker: welcher ist für Dich eigentlich der beste Transfer, den der FC Bayern bzw. Uli Hoeneß je getätigt hat?

Der beste Transfer war der von Karlheinz Rummenigge zu Inter Mailand. Das hat den Verein damals gerettet und die Weichen in die richtige Richtung gestellt. Hinzu kommen natürlich Transfers wie die von Matthäus, Elber, Pizarro – die allesamt äußerst lohnend waren.

7. Zum Schluss bitte ich Dich um ein paar Worte zum „Geburtstagskind“ Bundesliga, die sich in ihrer Jubiläumssaison befindet. Welches war für Dich das schönste Erlebnis mit ihr und wer ist Dein ewiger Bundesliga-Held?

Das schönste Liga-Erlebnis für mich war die Meisterschaft 1986.Vor 74.000 Zuschauern ein 6:0-Sieg gegen Gladbach am letzten Spieltag - und im Stadion hat den Kantersieg niemanden interessiert, weil wir nur auf die Anzeigentafel schielten, wie es denn in Stuttgart steht. Bremen verlor und wir hatten es tatsächlich noch geschafft, Das war fantastisch!

Das last-minute-Tor von Andersson in Hamburg 2001 habe ich selbst nicht miterleben können, da ich zu der Zeit in Irland studierte. Wäre ich in Hamburg dabei gewesen, wäre das sicher mein Favorit geworden.
 
Mit Fußball-Helden ist das so eine Sache. Persönlich mochte ich besonders Mehmet Scholl und Bixente Lizarazu – als Kind war es Rummenigge. Aber diese Drei stehen jetzt auch nicht gerade exemplarisch für Heldentaten. Ich habe keinen wirklichen Helden im Fußball.

Vielen Dank für das Interview!