Dienstag, 15. September 2015

Der Mann mit der Mütze

Heute Abend steht zwar der Auftakt der Gruppenphase der Champions League auf dem Programm und Jürgen Klopp wird dieser Tage schmunzelnd vernehmen, dass die Fans des FC Liverpool unter dem Hashtag #KloppForTheKop seine Inthronisierung an der Anfield Road herbeitwittern wollen.

Doch vergesst mir nicht, dass Helmut Schön heute 100 Jahre alt geworden. Der Mann mit der Mütze, der feinsinnige, sensible Sachse, bei dem harsche Pressekritik oder wichtige Spiele schon einmal Magenschmerzen ausgelöst haben sollen. Im November 1978 wurde Schön, der zunächst Assistent von Sepp Herberger und zuvor Nationaltrainer des Saarlands war, im Vorfeld des Länderspiels gegen Ungarn im Berliner Olympiastadion nach 14-jähriger Amtszeit und 139 Länderspielen (87 Siege, 30 Remis, 22 Niederlagen) offiziell vom DFB als Bundestrainer verabschiedet.

Doch noch immer ist Helmut Schön, der selbst ein veritabler Stürmer gewesen war, der erfolgreichste aller Bundestrainer. Zur Schön-Ära gehören selbstredend nicht nur die tollen Triumphe mit Beckenbauer, Müller, Breitner und wie sie alle heißen bei der EM '72 oder der WM '74. Da wären auch denkwürdige Niederlagen gegen die DDR, gegen England im Wembley-Finale 1966, im Jahrhundertspiel gegen Italien oder das Cordoba-Fiasko gegen Österreich. In Erinnerung bleiben sollte ebenfalls Schöns kluge wie verblüffend zeitlose Philosophie vom Fußball:

»Fußball ist, auf seine Weise, ein spielerisches Modell unserer gesellschaftlichen Verhältnisse: so einfach, dass jeder es verstehen kann, so variationsreich, dass – wie im Leben – immer neue Konstellationen entstehen können.«

Um der Chronistenpflicht genüge zu tun, sei zum Schluss selbstverständlich auf das  Abschiedslied für den »Mann mit der Mütze« verwiesen, mit dem Udo Jürgens Schön anno 1978 einen stillen Tribut brachte, der heute wie ein wenig aus der Zeit gefallen wirkt.


Das war sicher kein Rumtata-Gassenhauer. Es hat den aber den Anschein, dass es Jürgens gelang, mit seinen eher nachdenkliche Zeilen dem Wesen Helmut Schöns doch recht nahe zu kommen.
 

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