Sonntag, 13. Oktober 2013

Auf zum Zuckerhut

Viva Colonia! Köln war am Freitagabend für die deutsche Nationalelf wieder einmal ein gutes Pflaster. Dank eines hochverdienten 3:0-Sieges gegen erwartbar kampfstarke Iren, die in Spiel eins nach der Entlassung von Giovanni Trapattoni eine vielbeinige Variante eine irischen Catenaccios aufzogen, qualifizierten sich die Nationalelf für die WM 2014 in Brasilien. Die besten Iren des Abends waren neben den fantastischen mitgereisten Fans, Irlands toller Torwart Forde und der ergraute irische Barde Johnny Logan, der einst zweimal den ESC gewann und vor dem Anpfiff anmutig die irische Hymne Amhrán na bhFiann schmetterte.

Nach den siegreichen 90 Minuten dröhnte selbstverständlich das erwähnte Viva Colonia aus den Kölner Stadionlautsprechern. Jogis Löwen drehten währenddessen pflichtbewusst ihre Ehrenrunde und die Zuschauer schwenkten dazu artig ihre Fähnchen. Alles ansprechend für die Menschen vor den Fernsehschirmen, wie diese früher im Sprech öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten hießen, durchchoreografiert. Zu spüren war auf dem Rasenrechteck allerorten Erleichterung. Darüber, die hohen Erwartungen als Gruppenfavorit erfüllt und das verheißene WM-Ticket gelöst zu haben. Überschwänglich jubelnd in die Arme gefallen sind sich Jogis Löwen freilich nicht. Allerorten ansteckender Enthusiasmus auf dem Rasen und den Rängen sieht doch etwas anders aus. Oder nicht? Der Funke sprang leider nicht so über, wie etwa im verregneten November 1989 in Köln.

Ich erinnere mich, wie im einstigen Müngersdorfer Stadion der Fußballnation ein kollektiver Stein vom Herzen fiel, als Lokalmatador Thomas Häßler gegen wackere Waliser mit seinem Siegtor das zum 1990er WM-Ticket löste und den Weg zum WM-Titel in Italien ebnete. Die von Teamchef Franz Beckenbauer trainierte Elf um Lothar Matthäus, Rudi Völler oder Andy Brehme schien Begeisterung entfachen zu können. Ein knappes Vierteljahrhundert später sind die Konstellationen, Vorzeichen und auch die Mentalitäten sowie Spielkultur untrüglich andere, so dass ein Vergleich verschiedener Generationen wie so oft a priori hinkt.

Was bleibt, ist das dieser Tage so oft beschworene und in jenem November 1989 zu Grunde gelegte Kölner Omen. Nachdem nun das WM-Ticket wie 1989 erneut in Köln gelöst wurde, dürfen wir demnach verstärkt hoffen und werden gern orakeln, dass Jogis durch dieses Omen gestärkte Nationalelf in Brasilien Weltmeister werden wird. Stören wir uns gar nicht an dem widerstreitenden Omen, wonach es noch nie einer europäischen Nationalmannschaft gelang, in Südamerika zum Weltmeister zu avancieren. Die Neue Osnabrücker Zeitung schrieb am Samstagmorgen dennoch und offenbar in ergebener Gefolgschaft jenes Kölner Omens, der Aufstieg zum Gipfel des Zuckerhuts könne beginnen.

Schaun mer mal, wie beschwerlich dieser Aufstieg 2014 sein wird. Ob der aktuelle Bundestrainer wohl weiß, dass jener Gipfel des knapp 400 Meter hohen Granitfelsens auch per Seilbahn erreichbar ist? Diese Seilbahn heißt übrigens O Bondinho. Das lässt sich zwar hören. Schier ausgeschlossen dürfte indes sein, dass einer der nächsten brasilianische Superstars diesen Namen trägt. Wer will halt schon als Erbe Pelés ausgerufen werden und übersetzt zugleich die Einschienenbahn heißen. In diesem Sinne: auf zum Zuckerhut...

 

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